Deutsche Klimaforscher widersprechen: Die Rekordflut ist nicht mit Klimawandel erklärbar
Deutschlands Politiker und öffentlich-rechtliche TV-Sender sind sich einig: Diese Unwetterkatastrophe wurde durch den Klimawandel erzeugt. Die Klimasünden haben demnach Tote gefordert. Doch die deutschen Meteorologen widersprechen: Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel ist nicht belegt.
In Deutschland haben sich Politik und öffentlich-rechtliches Fernsehen schnell festgelegt: Die fürchterliche Flut-Katastrophe wurde durch den menschengemachten Klimawandel ausgelöst. Weltweite Klimaschutz-Maßnahmen müssten die Konsequenz dieser Jahrhundert-Katastrophe sein. Die Sache hat nur ein Problem: Deutschlands Metereologen widersprechen – und sie sind keine Klimaleugner.
Die Union schließt sich der Grünen-Meinung an
Bereits Mittwochmorgen konstatierte Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt: „Das sind Auswirkungen der Klimakatastrophe. Und das ist ein weiterer Aufruf, sich klarzumachen: Das ist schon da, das ist schon hier bei uns“, erklärte sie gegenüber „ntv“. Noch am selben Tag verkündeten dieselbe Botschaft die öffentlich-rechtlichen Sender in den Hauptnachrichten.
In weiterer Folge sah man das auch bei der Union nicht anders: Innenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte am Donnerstag gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Diese extremen Wetterkapriolen sind die Folgen des Klimawandels.“ Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sagte ebenso: Die Häufung von Starkregen- und Hitze-Episoden sei „verbunden mit dem Klimawandel“. „Das bedeutet, dass wir bei den Maßnahmen zum Klimaschutz mehr Tempo brauchen – europäisch, bundesweit, weltweit.“
Dem schloss sich auch noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag in seiner Ansprache an: „Nur, wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel entschieden aufnehmen, werden wir Extremwetterlagen, wie wir sie jetzt erleben, in Grenzen halten können.“
Meterologe: „Das ist ein Einzelereignis, das ist Wetter“
Doch in der Wissenschaft sieht man das anders, das gilt gerade auch für jene an staatlichen Stellen wie dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. DWD-Diplom-Meteorologe Andreas Friedrich sagte zur BILD-Zeitung: „Ein solches regionales Unwetter ist ein Einzelereignis, das ist Wetter. Die Behauptung, der Klimawandel ist schuld, ist so nicht haltbar.“
Zwar hätten Unwetter mit starkem Regen in den vergangenen 20 Jahren zugenommen – am meisten gab es bisher im Jahr 2018 – nur reiche diese Datenmenge für Schlussfolgerungen nicht aus: „Wetter-Experten errechnen frühestens nach 30 Jahren genaue Mittelwerte und treffen dann erst Aussagen über das Klima.“
Was die Herleitung des Zusammenhangs zwischen Klimawandel und Flutkatastrophe betrifft, werden auf ZDF und ARD zwei unterschiedliche Begründungen geliefert.
ZDF: Klimasünden des Menschen schuld an Toten
Bei ZDF stützte man sich zunächst auf das, was unbestritten ist: Deutschland wird in einem Tiefdruckgebiet „gefangen“ gehalten, das sich nicht weiterbewegt. Meteorologen nennen das „blockierende Wetterlage“. Der Grund sind zwei Hochs – das eine über Nord-Osteuropa, das andere über dem Atlantik, und zwischen diesen beiden Hochs ist das Tief über Deutschland wie eingeklemmt. Darin sind sich alle einig. Die Frage ist nur, ob das etwas mit dem Klimawandel zu tun hat.
ZDF-Moderator Claus Kleber erklärt im „heute journal“, solche gefährlichen „blockierenden Wetterlagen“ würden sich häufen, und das liege daran, „dass die Arktis und die Luft darüber immer wärmer werden, und dem Jetstream, dem Antrieb des Wettergeschehens, die Kraft entziehen“. Die deutliche Schlussfolgerung, mit der er seinen TV-Auftritt beendet: Klimasünder sind schuld an den Toten: „Das war’s von uns am Tag, an dem die Gewalt der Natur und die Folgen menschlichen Handelns und Nichthandelns mindestens 58 Menschen das Leben gekostet hat.“
Nur leider: Klimaforschern zufolge gibt es überhaupt keine Häufung blockierender Wetterlagen in Mitteleuropa. Darüber hinaus ist der von Kleber aufgestellte Zusammenhang wissenschaftlich nicht bewiesen.
Sommerliche Regen nehmen in Deutschland nicht zu
Der ARD-Meteorologe Karsten Schwanke bei den „Tagesthemen“ erklärt angesichts von der Niederschlagsmengen von bis zu 200 Liter pro Quadratmeter in Hagen oder Köln: „Das sind enorme Mengen, die es so ohne Klimawandel nicht geben würde.“ Mit solchen Auswirkungen des Klimawandels habe man auch schon seit vielen Jahren gerechnet: „Eine wärmere Atmosphäre lässt einfach mehr Wasser aus den Ozeanen verdampfen. Die Atmosphäre hat mehr Wasserdampf, mehr Energie. Und dann passiert genau so etwas, was wir erlebt haben.“
Dass das verdampfende Wasser in den Ozeanen zu Wasserdampf und Energie in der Atmosphäre führt, ist physikalisch richtig. Doch – wie die Bild-Zeitung festhält: „Trotz Erderwärmung hat das Prinzip seit Beginn der Aufzeichnungen vor 140 Jahren nicht dazu geführt, dass die sommerlichen Niederschlagsmengen in Deutschland zugenommen hätten.“
Umweltbundesamt: Ein Ereignis so nicht erklärbar
Dem deutschen Umweltbundesamt zufolge hat hier in den Sommermonaten überhaupt keine Veränderung stattgefunden. In einem ausführlichen „Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ steht:
„Die Entwicklung der Hochwassertage zeigt für die bisherige Zeitreihe weder für das Sommer- noch für das Winterhalbjahr einen signifikanten Trend. Die Entstehung des Hochwassers hängt stets mit besonderen Witterungskonstellationen zusammen, die aber bisher nicht systematisch und regelmäßig wiederkehrend auftreten.“ Und schließlich in aller Deutlichkeit: „Ein einzelnes Hochwasserereignis lässt sich nicht mit dem Klimawandel erklären“.
Keine Tendenz in Deutschland erkennbar
Die Regenmenge geht seit 1881 sogar leicht zurück, um 3,8 Prozent. „Jedoch lässt sich aus diesem minimalen, im Bereich der natürlichen Variabilität liegenden Rückgang nicht einmal auf eine Tendenz schließen“, schreiben die Experten.
Nun hat es weltweit in den vergangenen Jahrzehnten durchaus eine steigende Anzahl hoher Regenfälle gegeben, teils mit schweren Schäden und vielen Opfern, besonders in Südost-Asien. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sprach 2015 von einem „klaren Aufwärtstrend nie dagewesener Regenfälle“.
Bei Hitzewellen ist der Zusammenhang herleitbar
Die Potsdamer Forscher sehen auch einen Zusammenhang zwischen Unwettern und Klimawandel. Einer von zehn Rekord-Regen in den vergangenen 30 Jahren sei nur durch den Einfluss der langfristigen Klima-Erwärmung zu erklären. Im Jahr 2010 „ist es sogar einer von vier Rekord-Regenfällen“, erläutert eine Studie – womit es andererseits in drei von vier Fälälen nicht so ist.
Der DWD-Klimaforscher Florian Imbery erklärte dazu gegenüber der „Welt“: „Bei thermischen Ereignissen wie Hitzewellen ist der Zusammenhang mit der Erderwärmung und dem anthropogenen Klimawandel eindeutig herleitbar.“ Doch bei Niederschlägen sei das „schwieriger“. Eine Zunahme starker Regenergüsse sei zwar in Mitteleuropa schon feststellbar, aber nicht unbedingt für die Sommermonate. „Da ist die Variabilität von Jahr zu Jahr bedeutend stärker als etwas, das man Trend oder Tendenz nennen kann. Wir tun uns deshalb schwer zu sagen, dass wir heute schon einen klaren Zusammenhang mit dem Klimawandel sehen.“ Ein Starkregen-Ereignis wie das jetzige, sei statistisch „bedeutend seltener als einmal in 100 Jahren“.
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