Lockdown für Ungeimpfte: Österreich sorgt bis nach Chile für Aufsehen
Seit Montag ist offiziell der Lockdown für Ungeimpfte in Kraft getreten. Die Maßnahme der Bundesregierung, wonach Menschen, die weder genesen noch geimpft sind, weitestgehend vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden, hat international für ein großes Echo gesorgt. Sogar in Chile gab es Reaktionen.
Die Corona-Zahlen sind in Österreich weiterhin sehr hoch. Auch die Situation auf den Intensivstationen wird zunehmend kritischer. So mussten in Oberösterreich bereits Operationen abgesagt werden. In Salzburg warnten die Landeskliniken vor einer Überlastung. Am Dienstag bleibt die Corona-Lage weiterhin angespannt. Auch am zweiten Tag des Teil-Lockdowns halten sich die aktuellen Infektionszahlen über 10.000er-Marke: Von Montag auf Dienstag vermeldeten die Gesundheitsbehörden insgesamt 10.363 Neuinfektionen in ganz Österreich, zudem wurden 61 Todesfälle vermeldet. 96 Corona-Patienten mussten neu auf Normalstationen der Spitäler aufgenommen werden, die Intensivstationen zählen 17 neue Patienten. Damit liegen nun 2.551 Patienten in den Spitälern, 458 auf den Intensivstationen.
Daher zog die Bundesregierung die Notbremse. Seit Montag gilt in Österreich der Lockdown für jene Menschen, die weder Genesen noch Geimpft sind. Es gilt also die “2G-“Regel. Die internationalen Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. So schrieb die Bild-Zeitung “Lange galt Österreichs Corona-Politik als Blaupause für Deutschland. Schnell verschärfen, schnell lockern. Mit dem Lockdown gegen Ungeimpfte ist Österreich ein abschreckendes Beispiel geworden.”
Reaktionen nicht nur im deutschsprachigen Raum
Die Frankfurter Allgemeine titelte: “”In Österreich war der gleiche Effekt (dass sich nun mehr Menschen impfen lassen) unter dem Begriff “Schnitzelpanik” eingetreten, als Kanzler (Alexander) Schallenberg (ÖVP, Anm.) vor zwei Wochen einen Lockdown für Ungeimpfte ankündigte. Doch die Drohung kam zu kurzfristig, um den dortigen Corona-Tsunami durch eine deutlich höhere Impfquote zu brechen.” Auch eine Reaktion der Süddeutsche Zeitung ist nicht ausgeblieben: “Wenn heute also (in Deutschland) noch 2G als die Ultima Ratio gilt, die das weitere Anwachsen der Neuinfektionen brechen könnte, so könnte diese Ultima Ratio schon bald Richtung Lockdown verschoben sein.”
Doch nicht nur im deutschsprachigen Raum schaffte es Österreich in die Schlagzeilen. Der britische konservative Abgeordnete Oliver Dowden meinte Montagfrüh in einem Interview bei Sky News: “Das ist nichts, was wir derzeit in Erwägung ziehen. Zwar verlangt man vom Pflegepersonal eine doppelte Impfung, aber: “Es war immer schon eine britische Tradition, sich auf freiwilliger Basis zu bewegen. Wir haben also nicht die Absicht, eine solche Differenzierung zwischen geimpften und ungeimpften Personen vorzunehmen.”
Kritik aus Kroatien - Slowenien beobachtet Maßnahmen sehr genau
Tatsache ist: Österreich nimmt beim “Lockdown für Ungeimpfte” eine Vorreiterrolle ein. In anderen Ländern sind vergleichbare Maßnahmen nicht bekannt. Lediglich Slowenien beobachtet die Maßnahme in Österreich sehr genau und könnte sich vorstellen, ebenfalls einen Lockdown für Ungeimpfte zu vollziehen. Laut dem slowenischen Regierungschef Janez Jansa habe Österreich jetzt schon eine drastische Beschränkung für Ungeimpfte eingeführt. Nun müsse man wissen, ob man diesen Weg auch beschreiten kann.
Anders sieht es der kroatische Präsident Zoran Milanovic. Er bezeichnete den Lockdown für Ungeimpfte indirekt sogar als “Dummheit.” Zudem wählte er drastische Worte: “In Österreich verbietet man heute Menschen, die nicht geimpft sind, das Haus zu verlassen. Was ist das, Wissenschaft oder Methoden, die an die 30er Jahre erinnern?”
Lockdown wirbelt international ordentlich Staub auf
Auch in Spanien und in Chile hat die Situation in Österreich Staub aufgewirbelt. Während der chilenische Gesundheitsminister Enrique Paris die österreichische Maßnahme “prüfen” will, mobilisiert die rechtspopulistische spanische Vox gegen entsprechende Pläne des andalusischen Gesundheitsministers Jesus Aguirre. Zahlreiche Medien befragten ihre Nutzer zum Lockdown, etwa auch die französische Zeitung “Le Figaro”. Das Ergebnis: 50,5 zu 49,5 Prozent bei fast 300.000 Teilnehmern.
Der konservative Politiker Aguirre sagte laut Medienberichten, dass er ebenfalls einen Lockdown für Ungeimpfte einführen würde, wenn er könnte. Vox-Sprecher Jorge Buxade reagierte empört. Die Möglichkeit, dass auch in Spanien nur Ungeimpfte “eingesperrt” werden, sehe er mit “großer Angst”, sagte Buxade. Auf Anfrage des Onlineportals EMOL betonte der chilenische Gesundheitsminister Paris, dass man nichts ausschließt. Alles wird geprüft. Der Mediziner fügte hinzu, dass man auch Experten zur Rate ziehen wird. Allerdings verwies er auch darauf, dass Impfquote in Chile derzeit “viel besser” sei als in Österreich. 90 Prozent der infrage kommenden Bewohner seien schon geimpft.
Rechtsexperten in Spanien, die von der Madrider Zeitung “20 Minutos” befragt wurden bewerteten, einen Lockdown für Ungeimpfte in Spanien als rechtswidrig. “In Spanien kann man so etwas nicht anwenden, aber es könnte sein, dass die Rechtsordnung von Russland, Lettland oder Rumänien das erlauben”, sagte der Jurist. Auch in Italien hat die Maßnahme für großes Interesse gesorgt. Experten und Politiker wiesen aber darauf hin, dass der Prozentsatz der Geimpften in Italien schon viel höher sei als in Österreich. Dennoch forderte der italienische Ex-Premier Matteo Renzi am Dienstag für die Einführung von Corona-Regeln nach österreichischem Vorbild in seiner Heimat ein.
Kommentare