Monika Maron (84) erhält den Libertatem-Preis für ihren Einsatz für die Meinungsfreiheit – und nutzt die Gelegenheit für eine deutliche Analyse des politischen Klimas. In einem Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung sagt sie: „Freiheit ist für alle, oder sie ist nicht.“ Viele Menschen hielten sich mit ihrer Meinung zurück, weil sie soziale oder berufliche Konsequenzen fürchteten.

Ihre Diagnose: Eine von Ideologie getriebene Migrations- und Energiepolitik habe maßgeblich zur Spaltung beigetragen. Es sei eine Minderheit, die ihre Vorstellungen „gegen die Interessen und den Willen der Bürger“ durchsetze. Maron sieht die Verantwortung vor allem bei einer urbanen, akademischen Schicht, „die nicht da wohnt, wo die Probleme unbeherrschbar geworden sind“.

Deprimierende Erfahrungen mit der Demokratie

Mit Blick auf die AfD sagt sie: „Ich finde das unmöglich, wenn 10 Millionen Bürger eine Partei wählen und man ihnen dann sagt: Wählt nur, aber ihr zählt nicht.“ Statt zu verbieten, müsse man sich mit den Gründen für den Wahlerfolg auseinandersetzen. Viele würden die Partei nicht aus Überzeugung wählen, sondern „um die anderen zu ärgern“.

Auch die Reaktion auf Bürgerproteste – etwa gegen Windkraftprojekte – kritisiert sie scharf. In ihrem Dorf in Vorpommern seien Mahnwachen abgehalten, Briefe geschrieben, sogar eine Partei gegründet worden: „Es hat alles nichts genützt. Das war dann ihre deprimierende Erfahrung mit der Demokratie.“

Wenn sie heute Parallelen zur DDR zieht, meint sie damit nicht die Verhältnisse, sondern die Mechanismen: „Das eine ist, dass die Ostdeutschen natürlich sensibilisiert sind für institutionelle Maßnahmen wie Meldestellen. Da fällt ihnen ein, dass sie so etwas schon hatten.“

In permanenter Wut

Auf ihre eigene Vergangenheit angesprochen, sagt Maron: „Ich war eigentlich in permanenter Wut.“ Sie habe früh erlebt, wie sehr staatliche Gängelung den Alltag prägte – ob beim Schuhkauf, in Redaktionen oder bei der Wohnungssuche. Auch deshalb sei sie 1988 mit ihrer Familie endgültig in den Westen gegangen – nach langen Auseinandersetzungen mit dem DDR-Kulturapparat.

Was sie heute vermisst, ist nicht die Vergangenheit, sondern ein selbstverständlicher Umgang mit Freiheit. Schreiben, denken, sagen zu dürfen, was man will – das ist für Maron keine Provokation, sondern Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie.