
Mordversuch mit Pfeil und Bogen: Steirer muss 20 Jahre in Haft
Ein Steirer (39) schoss unter Drogeneinfluss mit Pfeil und Bogen auf seine Freundin (42). Heute sprach ihn das Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Mordes und Widerstands gegen die Staatsgewalt schuldig und verordnete 20 Jahre Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein 39-jähriger Grazer musste sich diese Woche wegen versuchten Mordes mit Pfeil und Bogen vor Gericht verantworten: Er hat am 15. September 2024 in seiner Wohnung auf seine schlafende Freundin geschossen.
Der Angeklagte hatte das spätere Opfer erst etwa zwei Wochen zuvor kennengelernt. Doch gleich am Anfang kam es wegen der Eifersucht des Mannes offenbar zu Schwierigkeiten.
In der Nacht auf den 15. September war die Frau bei dem Grazer in der Wohnung. Gemeinsam konsumierten sie Drogen. Ein Freund des Beschuldigten war ebenfalls dabei.
Pfeil drang durch Wange in Kopf ein
Etwa ein bis zwei Stunden, nachdem das Paar schlafen gegangen war, stand der 38-Jährige auf und injizierte sich Ketamin, nachdem er sich sich zuvor bereits mit Morphin, Methamphetamin, Kokain und Cannabis berauscht hatte. Danach begann er seinen Sportbogen zu putzen.
Laut Anklage soll er dann plötzlich auf seine schlafende Freundin geschossen haben. Der Pfeil drang über die Nierengegend in den Oberkörper ein und verletzte die 42-Jährige lebensgefährlich. Sie wachte auf und da schoss der Grazer offenbar ein weiteres Mal auf sie. Diesmal streifte der Pfeil ihre Schulter und drang dann über ihre linke Wange in den Kopf ein.

Danach machte sich der mutmaßliche Täter aus dem Staub. Er versperrte das Zimmer und gemeinsam mit seinem Bekannten verließ er die Wohnung. Der Freund will von den Schüssen auf die Frau nichts mitbekommen haben, sagte er später aus. Der Beschuldigte fuhr mit dem Auto davon und ließ seinen Freund in Seiersberg südlich von Graz aussteigen, ehe er weiter in die Südsteiermark fuhr.
Währenddessen gelang es der schwer verletzten Frau nur mit Mühe ihr Mobiltelefon zu erreichen. Sie rief mit dem Pfeil in der Wange den Notruf. Über Umwege gelang es ihren Standort zu ermitteln und einen Notarzt zu ihr zu schicken. Laut den Ärzten grenze es an ein Wunder, dass sie überlebt hat.
Medizinisches Wunder
Die Gerichtsmedizinerin schilderte, dass der Pfeil in der Flanke der Frau die Milz, die Leber und das Herz perforierte. Die Spitze drang durch den Herzbeutel in den Herzmuskel ein. Weil der Pfeil noch in ihr steckte, sei das Blut nur langsam in den Herzbeutel gesickert. Wäre sie aber noch länger ohne Operation in der Wohnung gelegen, wäre sie gestorben: “Der Herzbeutel hätte sich dann langsam mit Blut zugemauert. Das Herz kann dann irgendwann nicht mehr schlagen”, erklärte sie.
Der Pfeil in der Flanke der 42-Jährigen sei in mehrfacher Hinsicht lebensbedrohlich gewesen. Er steckte der Länge nach 30 bis 35 Zentimeter tief in ihrem Körper. Die Milz musste dem Opfer übrigens entfernt werden. Der zweite Pfeil, der über die Schulter in die linke Wange in den Kopf eindrang, sei indessen rein formal eine “leichte Verletzung” gewesen.
Beschuldigter wollte sich nicht ergeben
Der Angeklagte baute in der Zwischenzeit mit seinem Auto in der Südsteiermark einen Unfall und nahm die Hilfe eines Landwirts und des ÖAMTC in Anspruch. Diese meldeten danach der Polizei, die bereits nach dem Verdächtigen suchte, seinen möglichen Aufenthaltsort. Die Crew eines Polizeihubschraubers fand schließlich den Wagen des Mannes. Beamte nahmen aus sicherer Distanz mit ihm Kontakt auf, doch er schien sich nicht freiwillig stellen zu wollen. Vielmehr schrie er: “Wegen der gehe ich nicht den Häfen.” Er schoss mit einer Schreckschusspistole um sich und hantierte auch mit einer Schrotpistole. Als er diese auch auf die Beamten richtete, schossen diese und trafen ihn. Er erlitt lebensgefährliche Verletzungen, konnte aber gerettet werden, obwohl er die Versorgung verweigern wollte, um zu sterben.
Der Beschuldigte gab zu, auf die Frau geschossen zu haben. Er meinte bisher aber gegenüber den Ermittlern, dass er sie nicht töten wollte. Später wechselte er seine Aussage mit der Behauptung, sich nicht daran erinnern zu können.
Beschuldigter laut Gutachter zurechnungsfähig - trotz Drogen-Cocktail und psychischer Verhaltensstörung
Dennoch geht der psychiatrische Gutachter davon aus, dass der 39-Jährige zurechnungsfähig war – jedoch eingeschränkt. Aufgrund der akuten Intoxikation durch die Suchtmittel hatte der Beschuldigte eine “mittelgradige, aber keine volle Berauschung”, so der Sachverständige. Er erkannte beim Steirer eine psychische Verhaltensstörung, aber noch keine voll ausgeformte Persönlichkeitsstörung. Diese würde sich aber bei weiterer Drogeneinnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit ausbilden. Eine Entwöhnung sei daher nötig. Ansonsten könne der Mann unter Drogeneinfluss jederzeit wieder ähnliche Gewalthandlungen setzen.
Der Privatbeteiligtenvertreter forderte für das Opfer Schmerzengeld in der Höhe von 10.000 Euro sowie eine Tilgung aller noch auftretenden Folgen ihrer Verletzungen. Der Angeklagte sagte überraschend: “Ich bin gerne bereit, das zu bezahlen.”
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