Omikron-Entdeckerin an Politiker: "Wir sollen nicht überreagieren"
Angelique Coetzee, jene südafrikanische Ärztin, die Omikron entdeckte, hält die Anti-Omikron-Maßnahmen in Europa für überhastet. Die neue Virusvariante könnte Chancen im Kampf gegen Covid bieten, die man so zerstöre. Die meisten Virologen sind aber noch zurückhaltend – aus unterschiedlichen Gründen.
Die neuentdeckte Omikron-Variante hält die Weltöffentlichkeit seit zwei Wochen in Atem. Nun warnt jene südafrikanische Ärztin, die sie entdeckte, vor einer Überreaktion. Dr. Angelique Coetzee hat erstmals über die neue Omikron-Variante des Coronavirus berichtet und erste Infizierte behandelt. In einem Gastbeitrag der britische Zeitung “Daily Mail” zeigt sie sich überrascht über die heftigen Reaktionen in Europa.
Angelique Coetzee: Ich denke nicht, dass Omikron so tödlich sein wird
Für strikte Maßnahmen wisse man noch zu wenig. In Südafrika merke man noch nichts von einer tödlichen Wirkung durch Omikron: “Am Sonntag gab es in Südafrika nur elf Todesfälle im Zusammenhang mit Covid, weit weniger als der Wochendurchschnitt von 578, der auf dem Höhepunkt von Delta gemeldet wurde.” Die Ärztin denkt nicht, dass Omikron eine so tödliche Variante wäre, denn dann “würden wir erwarten, dass die Zahlen in die Höhe geschossen sind, aber das passiert hier einfach nicht.” Und: “Niemand hier in Südafrika ist mit der Omikron-Variante ins Krankenhaus eingeliefert worden, und es wird auch angenommen, dass hier niemand ernsthaft daran erkrankt ist.”
“Ich war fassungslos über die Resonanz”, schrieb Coetzee bereits auf Twitter. als eilig Reisestopps aus Ländern des südlichen Afrikas verhängt wurden.
🚨🚨Please listen
— Adam Brooks (@EssexPR) December 12, 2021
Dr Angelique Coetzee of the South African Medical Association says TODAY
- @TomSwarbrick1 @LBC
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Virologen zurückhaltend: Wenige alte Menschen, viele Genesene in südafrikanischer Region
Virologen in Europa sind noch zurückhaltend. Der deutsche Top-Virologe Christian Drosten hatte zunächst auch vorsichtige Entwarnung gegeben – der eXXpress berichtete. Ob Omikron tatsächlich seltener zu schweren Verläufen führen wird, soll aber auch deshalb so schwer zu beantworten, weil in jener südafrikanischen Region, in der diese Virusvariante erstmals aufgetaucht ist, sich schon so gut wie alle bereits mit anderen Corona-Varianten infiziert hatten. De facto soll es dort niemanden mehr geben, der nicht genesen ist, weshalb alle zumindest einen schwachen Immunschutz haben. Gänzlich ungeschützte Menschen wie in Europa gibt es kaum. Was noch hinzu kommt: Anders als in Europa ist der Anteil an alten Menschen deutlich geringer. Als höchst wahrscheinlich gilt zurzeit zumindest eins: Omikron verbreitet sich deutlich schneller, nicht nur in Südafrika.
Europäische Politiker sind bereits alarmiert, südafrikanische noch nicht
Bei einigen europäischen Politikern herrscht deshalb bereits Alarmstimmung. In Großbritannien greift die Omikron-Variante bereits um sich. Seit Montag sind Bürger angehalten, im Home Office zu arbeiten. Das Parlament soll am Dienstag über eine Reihe von Corona-Maßnahmen abstimmen, die teilweise bereits in Kraft sind.
In Südafrika ist davon zurzeit noch nichts zu bemerken, auch weitere Restriktionen oder Lockdowns seien nicht gedacht, berichtet die Ärztin. Man habe sich an neue Varianten des Coronavirus gewöhnt: “Als unsere Wissenschaftler die Entdeckung einer weiteren bestätigten, machte niemand etwas Großes daraus. Viele Leute haben es nicht einmal bemerkt.”
Wegen zu großer Hysterie könnten wir auch eine Chance im Kampf gegen Corona verpassen
Und: Eine Hysterie drohe eine Chance im Kampf gegen das Coronavirus zu verpassen, warnt die Ärztin: “Wenn wir überreagieren, laufen wir Gefahr, die Vorteile einer Variante zu verpassen, die eher ein Freund als ein Feind sein könnte. Ein harter Lockdown würde den Prozess von Omikron, wie es sich durch die Bevölkerung bewegt, verlangsamen. Der ermöglicht es aber, lebenswichtige Antikörper zu entwickeln, die die Bevölkerung in Richtung ‘Herdenimmunität’ bewegen.” Ihre Botschaft an die britische Politik: “Bleiben Sie ruhig, entscheiden Sie Tag für Tag und geraten Sie nicht in Panik, das wird nur im Chaos enden.”
Zwei Personengruppen gelten zurzeit als besonders gut gegen Omikron geschützt
Bei zwei Personengruppen scheinen die Antikörper auf jeden Fall besonders gut zu wirken: Bei jenen, die geimpft und genesen sind, und bei Personen mit Booster-Impfungen (drei Stichen). Vor Infektionen scheint das zwar nicht zu bewahren, wohl aber ist man im Falle einer Infektion am besten geschützt. Bis zum Sommer soll ein “Update” des Impstoffs, angepasst an Omikron, verfügbar sein. Den ersten Daten zufolge sind die Antikörper von Geimpften 40 mal weniger wirksam gegen Omikron. Bei Delta betrug der Abfall “nur” das Achtfache. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Impfung 40 Mal weniger schützt. Wie gut sie vor schweren Verläufen schützt, auch im Falle von ein oder zwei Stichen bei Nicht-Genesenen, wird sich erst zeigen.
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