
ORF-Chef jammert über Sparzwang: „Werden jeden Stein einzeln umdrehen müssen“
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann beklagt massive Einsparungen: Weil die Regierung eine Erhöhung der ORF-Haushaltsabgabe bis 2029 verhindert, müsse der Sender bis 2031 ganze 220 Millionen Euro einsparen. Unter einem Bundeskanzler Kickl wäre allerdings die Haushaltsabgabe abgeschafft worden.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann ortet im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS ein „klares Bekenntnis” zum ORF. „Der ORF ist weiterhin abgesichert”, freute er sich, sprach in einer Sitzung des ORF-Publikumsrats am Donnerstag aber auch von einer „großen Herausforderung”. Konkret bedeute das Vorhaben der Bundesregierung, den ORF-Beitrag bis 2029 nicht erhöhen zu lassen, einen Einsparbedarf von 220 Millionen Euro von 2027 bis 2031.
Schon heuer spart der ORF 80 Millionen Euro, 2026 sind 104 Millionen Euro vorgesehen. Mit einer Nicht-Valorisierung des ORF-Beitrags, der derzeit 15,30 Euro pro Haushalt und Monat beträgt, blicke man auf das „größte Sparpaket, mit dem der ORF je konfrontiert war”. „Wir werden jeden Stein einzeln umdrehen müssen”, sagte Weißmann und sprach von einem „steinigen Weg”, den das öffentlich-rechtliche Medienhaus in den kommenden Monaten zu beschreiten habe.
Fehler bei der Haushaltsabgabe
Von Publikumsrätin Barbara Nepp auf Probleme vieler Personen und Unternehmen mit der Haushaltsabgabe angesprochen, hielt der ORF-Chef fest, dass man bei mehr als vier Millionen Haushalten auf „ein paar tausend Problemfälle” blicke. „Jeder einzelne tut mir weh. Aber die Fehlerquote ist im Promillebereich”, so Weißmann, der von einer insgesamt sehr guten Zahlungsmoral im Land sprach.
Wie viele ORF-Beiträge Unternehmen zahlen müssen, hängt mit der Kommunalsteuer zusammen. Insgesamt sprach Weißmann von 245.000 Unternehmen. 243.000 davon würden einen oder zwei Beiträge entrichten müssen. „Lediglich” 82 Firmen sind von der Höchstabgabe in Höhe von 100 Beiträgen betroffen. „Ich verstehe, dass es hier Ärger gibt”, sagte Weißmann und verwies darauf, dass man lediglich das Gesetz befolge.
Nur 54 Prozent der Bevölkerung sieht ausgewogene Berichterstattung
Präsentiert wurde am Donnerstag die Publikumsratsstudie 2024, die sich den „Anforderungen und Erwartungen des Publikums an die Berichterstattung zu Demokratie, Information und Bildung im ORF” widmete.
Nur 54 Prozent attestieren dem öffentlich-rechtlichen Medienhaus, dass (sehr oder ziemlich) ausgewogen berichtet wird und unterschiedliche Meinungen Raum finden. „Hier besteht ein gewisser Handlungsbedarf. Das muss man sich sehr genau anschauen”, regte Publikumsrat Andreas Kratschmar, der Vorsitzender des Programmausschusses ist, an.
Gremienreform in Kürze geplant
Es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass der Publikumsrat in dieser Zusammensetzung abgehalten wurde. Das Regierungsprogramm sieht eine fristgerechte Umsetzung jenes Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses vor, das zu viel Gewicht der Regierung bei Bestellung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat feststellte. Bis Ende März muss eine Reparatur erfolgen.
Der Publikumsrat soll sich nach Ansicht der Regierung künftig aus 28 Personen zusammensetzen. 14 Mitglieder sollen von der Regierung (bisher 17 Personen vom Bundeskanzler bzw. Medienminister) bestimmt und weitere 14 Mitglieder (bisher 13) direkt von im Gesetz festgelegten Stellen – darunter diverse Kammern, Kirchen und Parteiakademien – bestellt werden. Zugleich soll der Publikumsrat künftig neun – anstatt derzeit sechs – Personen aus den eigenen Reihen für den Stiftungsrat bestimmen. Gleichzeitig soll die Bundesregierung künftig nur noch sechs – anstatt derzeit neun – Personen in das oberste ORF-Gremium entsenden. (APA/red)
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