Prozess: Ex-Polizist Derek Chauvin des Mordes an George Floyd schuldig gesprochen
Das genaue Strafmaß soll erst später vom Richter festgelegt werden. Bis zu 75 Jahre Gefängnis sind möglich.
Im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd haben die Geschworenen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Das erklärte Richter Peter Cahill am Dienstag in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota. Damit droht Chauvin eine lange Haftstrafe. Das genaue Strafmaß soll erst später vom Richter festgelegt werden. Chauvins Verteidigung könnte noch Berufung gegen das Urteil einlegen.
Mord zweiten Grades und Totschlag
Der 46 Jahre alte Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einer Festnahme ums Leben gekommen. Derek Chauvin drohen nun bis zu 75 Jahre Gefängnis. Experten gehen aber davon aus, dass der bislang nicht vorbestrafte Chauvin ein geringeres Strafmaß bekommen dürfte als maximal zulässig.
Der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen Chauvin lautete Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen in Minnesota bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag. Zudem wurde Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet werden kann. Auch musste er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Dieser Anklagepunkt entspräche nach deutschem Recht eher der fahrlässigen Tötung. Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert.
Verteidiger rechtfertigte Gewalt, Polizeichef widersprach
Chauvins Verteidiger Eric Nelson argumentierte, dass Chauvins Gewaltanwendung gerechtfertigt gewesen sei, weil sich Floyd der Festnahme widersetzt habe. Zudem vertrat er die Meinung, dass Floyds Tod nicht primär auf Gewalteinwirkung zurückging, sondern vor allem auf bestehende Herzprobleme und Rückstände von Drogen in seinem Blut.
Experten der Staatsanwaltschaft wiesen diese Argumentation zurück. Ein Lungenspezialist etwa erklärte, Floyd sei an den Folgen von Sauerstoffmangel gestorben. Der Polizeichef von Minneapolis, Medaria Arradondo, bezeichnete Chauvins Gewaltanwendung als unverhältnismäßig und vorschriftswidrig.
Während der Schlussplädoyers versuchte die Staatsanwaltschaft, die Aufmerksamkeit der Geschworenen nochmals auf die 9 Minuten und 29 Sekunden zu lenken, in denen Chauvin auf Floyds Hals kniete. Chauvins Verteidiger wiederum erklärte, dass “die 9 Minuten und 29 Sekunden die vorherigen 16 Minuten und 59 Sekunden” der Interaktion ignorierten.
Hunderte Aktivisten vor dem Gerichtsgebäude
Floyds Tod löste internationale Proteste gegen Polizeibrutalität und Rassismus aus. Die Stadt Minneapolis hat sich monatelang auf den Prozess vorbereitet.
Unmittelbar vor der Bekanntgabe des Urteils hatten sich bereits Hunderte Aktivisten der “Black Lives Matter”-Bewegung vor dem massiv gesicherten Gerichtsgebäude im Zentrum von Minneapolis versammelt. Sie skandierten unter anderem den Namen George Floyds, die Worte “Hört auf, uns zu töten” und “Chauvin – schuldig”.
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