Prozess in Salzburg: Bande soll 43 Frauen aus Kolumbien ausgebeutet haben
Am Landesgericht Salzburg hat ein aufsehenerregender Prozess begonnen: Sieben Angeklagte sollen Dutzende Frauen aus Kolumbien mit falschen Versprechungen nach Österreich gelockt und zur Prostitution gezwungen haben. Fünf von ihnen zeigten sich teilweise geständig – der mutmaßliche Kopf der Bande ist flüchtig.
Am Landesgericht Salzburg hat der Prozess gegen eine mutmaßliche Menschenhändler-Bande begonnen.APA/VERA REITER
Sie lockten ihre Opfer mit der Aussicht auf legale Prostitution und schnelles Geld – doch dahinter steckte laut Anklage ein skrupelloses Netzwerk aus Ausbeutung, Gewalt und Drohungen. Seit Montag müssen sich sieben Angeklagte vor dem Landesgericht Salzburg verantworten. Ihnen wird grenzüberschreitender Menschenhandel, Zuhälterei, Nötigung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.
43 Frauen mit falschen Versprechungen nach Österreich gelockt
Laut der 71-seitigen Anklageschrift soll die internationale Bande zwischen Mai 2021 und August 2024 mindestens 43 Frauen aus Kolumbien über soziale Medien und Kontaktpersonen rekrutiert haben. In Werbevideos sei ihnen versprochen worden, in Österreich legal als Prostituierte arbeiten und „viel Geld verdienen“ zu können – sie müssten nur Flug- und Unterkunftskosten übernehmen.
In Wahrheit seien die Frauen, viele aus ärmlichen Verhältnissen, illegal beschäftigt, massiv ausgebeutet, eingeschüchtert und teils auch misshandelt worden. Den Ermittlern berichteten sie, sie hätten den Großteil ihres Verdienstes abgeben müssen.
Bandenchef auf der Flucht – Lebensgefährtin vor Gericht
Die mutmaßliche Anführerin, eine 31-jährige Rumänin, soll laut Staatsanwaltschaft die rechte Hand des Bandenchefs gewesen sein, mit dem sie ein Kind hat. Der Mann – ein österreichisch-türkischer Staatsbürger – ist derzeit flüchtig.
Die Frau führte ein Laufhaus in der Schweiz und hatte in Österreich einen Wohnsitz gemeldet. Sie soll Flüge für die Frauen organisiert, die Freier vermittelt und in Drohvideos als Übersetzerin fungiert haben, in denen den Opfern Gewalt angedroht wurde.
Die Zweitangeklagte, eine 32-jährige Oberösterreicherin, habe laut Anklage Termine mit Freiern vermittelt, während eine 39-jährige Mitangeklagte Autos für die Fahrten organisierte. Zwei österreichische Männer sollen die Frauen chauffiert und das Geld eingesammelt haben.
Teilgeständnisse – Verteidiger sprechen von „Abhängigkeit“
Von den sieben Angeklagten erschienen fünf zum Prozessauftakt. Laut ihren Verteidigern zeigten sie sich teilweise geständig. Die Anwälte betonten, ihre Mandantinnen seien keine führenden Köpfe, sondern selbst in Abhängigkeit und Angst vor dem Bandenchef geraten. „Sie hatte Angst um ihr Leben“, sagte der Verteidiger der Zweitangeklagten. „Hier sitzen nicht die Führenden, hier sitzen die Bauern“, so ein weiterer Anwalt vor dem Schöffensenat.
Ermittlungen auch in Kolumbien – bis zu zehn Jahre Haft drohen
Im Zuge der Ermittlungen wurden weitere Verdächtige festgenommen. Bei einer international koordinierten Razzia am 5. September verhafteten Behörden in Kolumbien fünf mutmaßliche Komplizen.
Für die Angeklagten in Salzburg reicht der Strafrahmen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahren Haft. Das Gericht hat bis Ende November 21 Verhandlungstage angesetzt.
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