Der unterstandslose Pole (51) gilt laut einem psychiatrischen Gutachten als zurechnungsfähig, er soll aber infolge einer schweren Persönlichkeitsstörung hochgefährlich sein. Der Prozess ist für zwei Tage anberaumt, am Dienstag erfolgt das Urteil.

Ihm wird angelastet, in der Nacht auf den 1. Jänner 2023 in der Donaustadt den 74-jährigen Apotheker erschlagen und in der Nacht auf den 8. Jänner die 31-jährige zweifache Mutter in Floridsdorf erschlagen und auch erstochen zu haben. Die Frau starb wie der Pharmazeut an multiplen Verletzungen.

Angeklagter will von "nichts wissen"

Der Angeklagte behauptete zunächst, er habe mit den beiden Fällen nichts zu tun. Er sei gar nicht der Mann, den die Staatsanwaltschaft angeklagt habe, sondern heiße ganz anders. Auf die Frage des vorsitzenden Richters des Schwurgerichts, Wolfgang Etl, ob er sich schuldig oder nicht schuldig bekennen würde, meinte der Mann: “Ich weiß nichts.” Diese Antwort gab er dann immer wieder auf die Fragen des Gerichts. Er könne sich an die Bluttaten nicht erinnern.

Laut seiner Anwältin Astrid Wagner könne sich ihr Mandant gar nicht vorstellen, die brutalen Tötungsdelikte begangen zu haben. Er sei “ein friedliebender Mensch”. Der Mann, der bereits in Deutschland mehrfach vor Gericht gestanden ist, wurde aber durch an den Tatorten sichergestellte DNA-Spuren sowie Blut der Opfer auf seiner Kleidung und auch durch Bilder aus den Überwachungskameras schwer belastet. Die beiden Getöteten dürften aus reinem Zufall Opfer des mutmaßlichen Gewaltverbrechers geworden sein.

Auf Basis der Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen hat die Anklagebehörde für den Fall einer Verurteilung gemäß Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) zusätzlich die Unterbringung des 50-Jährigen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum beantragt. Nach Angaben seiner Verteidigerin werde der Mann derzeit in Haft aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung und seiner schwerwiegenden Alkoholsucht – der Mann trinkt seit seinem 13. Lebensjahr – medikamentös behandelt. Für Wagner sei deshalb auch die Unterbringung aufgrund seiner Zurechnungsunfähigkeit nach Paragraf 21/1 StGB in Betracht zu ziehen. Der Mann habe seiner Anwältin gegenüber “von schwarzen Gestalten” gesprochen, die ihn verfolgen würden. Im Falle einer anklagekonformen Verurteilung drohen dem Polen zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft sowie der Maßnahmenvollzug.

Astrid Wagner ist die Anwältin des AngeklagtenAPA

Staatsanwältin: Tat "nicht in Worte zu fassen"

Der Beschuldigte, der zuletzt während der warmen Monate in einem Zelt auf der Donauinsel gelebt hatte, dürfte in der kalten Jahreszeit auf gut Glück regelmäßig versucht haben, in nicht abgesperrte Häuser in Wiener Bezirke oberhalb der Donau einzudringen, um an Lebensmittel und einen Schlafplatz zu gelangen. Dazu lehnte er sich fest an die Türen, gingen diese auf, drang der Mann ein. Er dürfte in beiden Fällen die körperlich weit unterlegenen Opfer überrascht und gleich angegriffen haben.

Es sei “nicht in Worte zu fassen”, was der Angeklagte getan habe, sagte die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer. Das Leben der beiden Opfer sei “auf brutalste und abscheulichste Weise ausgelöscht worden”, so die Anklägerin. Und an die Geschworenen gerichtet: “Was Sie heute hören werden, wird hart und grausam.” Sogar erfahrende Ermittler seien von den brutalen Tathandlungen erschüttert gewesen.

Der vorsitzende Richter Wolfgang EtlAPA

Verpächter noch am Abend festgenommen

Der Angeklagte drang in der Silvesternacht in das Haus des Apothekers ein. Zunächst suchte er im Erdgeschoß nach Alkoholika, die er in einer Tragetasche sammelte, ehe er in die Einlegerwohnung in den ersten Stock ging. Dort ging er sofort brutal auf den Pharmazeuten los. Die Leiche des Mannes wies massive Kopfverletzungen sowie Misshandlungsspuren am ganzen Körper auf. Der 74-Jährige war an den Beinen gefesselt worden. Drei Stunden hielt sich der Angeklagte nach der Tat im Haus des Apothekers auf und verköstigte sich. Er duschte dort sogar und kleidete sich neu ein. Als er ging, nahm er die Geldbörse und die Schuhe des Opfers mit.

Danach fuhr er nach Graz, dort versuchte der Mann mit der Bankomatkarte des Getöteten Geld abzuheben. Wann der 51-Jährige wieder nach Wien reiste, war laut Gericht nicht mehr nachzuvollziehen. Am Abend des 7. Jänner drang er schließlich in das Haus der 31-Jährigen in Floridsdorf ein und attackierte die Frau mit massiven stumpfen Schlägen gegen den Kopf und mehreren Messerstichen, während sich ihre Kinder im ersten Stock aufhielten. Die junge Mutter starb in der Nacht auf 8. Jänner. Auch in diesem Fall soll der Angeklagte im Haus geblieben und reichlich Alkohol konsumiert haben. Wieder wechselte er die Schuhe und nahm die Pantoffeln des Ehemannes des Opfers mit. Dieser entdeckte seine tote Frau, als er am Nachmittag nach der Tat von einem Skiurlaub zurückkehrte. Die Kinder befanden sich da noch im Haus.

Der Verdächtige konnte noch am Abend des 8. Jänner festgenommen werden. Denn obwohl nach dem zweiten Tötungsdelikt die Polizei im Haus der getöteten 31-Jährigen war, kehrte der 51-Jährige abends nach Abschluss der Spurensicherung erneut zum Tatort zurück. Um 21.45 Uhr klopfte er sogar an die Tür des Hauses, wobei er von Journalisten, die über den Fall berichteten, bemerkt wurde. Die Reporter riefen umgehend die Polizei. Eine Stunde später drang der 50-Jährige sogar durch ein Kellerfenster in das Haus ein, wobei er da von den alarmierten Beamten erwischt und festgenommen wurde. Er hatte bei einem Alkoholtest in der Haft 2,9 Promille Alkohol im Blut.

Am ersten Prozesstag am Montag kamen zunächst sechs Gutachter zu Wort. Danach werden die ersten der 16 Zeugen befragt. Am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt, da soll auch ein Urteil gesprochen werden.