LKW-Fahrer übersah Radfahrerin beim Abbiegen: Verpflichtende Aufrüstung mit Abbiegeassistenten verzögert sich noch
Erneut kam es zu einem schweren Unfall an einer Wiener Kreuzung durch einen abbiegenden LKW. Eine Radfahrerin wurde dabei übersehen und schwer verletzt.
Ein Lkw-Lenker hat beim Abbiegen eine Radfahrerin in Wien-Ottakring übersehen und angefahren. Die 53-Jährige wurde bei dem Unfall beim Schuhmeierplatz Freitagfrüh unter dem Laster eingeklemmt, sie trug schwere Verletzungen davon.
Das Duplizieren
Der 46-Jährige lenkte das Schwerfahrzeug von der Possingergasse auf den Schuhmeierplatz Richtung Wattgasse. Die Frau radelte gegen 8.00 Uhr auf einem Mehrzweckstreifen in gleicher Richtung. “Beim Einbiegevorgang des Lkw kam es dann zur Kollision”, sagte Polizeisprecher Christopher Verhnjak. “Die Radfahrerin wurde dabei unter dem Laster eingeklemmt und schwer verletzt.” Die Berufsrettung Wien brachte sie nach der notfallmedizinischen Erstversorgung in ein Krankenhaus.
Keine rechtliche Handhabe für verpflichtende Abbiegeassistenten
Ab Jänner hätte eigentlich die Verordnung zum Pflicht-Abbiegeassistenten in Wien Kraft treten sollen. Vorgesehen war ein Rechtsabbiegeverbot in Wien für alle Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, die kein Assistenzsystem eingebaut haben. Das wäre einem De-Facto Fahrverbot für nicht nachgerüstete Fahrzeuge im Stadtgebiet gleich gekommen.
Den entsprechenden Verordnungsentwurf hatte Simas Vorgängerin, die frühere Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne), an die EU geschickt. Vonseiten der Europäischen Kommission habe es einen Einspruch gegeben, erklärte Sima am Dienstag auch im APA-Gespräch. Konkret wurden in der Stellungnahme “eine ganze Reihe von Bedenken” geäußert. So gibt es etwa wettbewerbsrechtliche Bedenken oder auch Befürchtungen zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt, wie aus den Anmerkungen der Europäischen Kommission hervorgeht, die der APA teilweise vorliegen.
Außerdem seien weniger einschränkende Mittel im Vorfeld nicht geprüft worden, hieß es weiters. Dies sei ein wichtiger Punkt: Bevor man so einen “extremen” Schritt wie ein Totalverbot setzt, müssten zunächst alle anderen möglichen Alternativen ausgeschöpft werden, damit die Maßnahme auch vor Höchstgerichten standhalte. Das sei aber unter Hebeins Ägide nicht geschehen, so Sima: “All diese Vorschritte sind einfach ausgelassen worden. Man hat gesagt, man macht gleich ein Verbot. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man da Schiffbruch erleidet, ist sehr groß.”
Förderungen werden nur langsam angenommen
Unter Übergangsminister Andreas Reichhardt wurde die Förderung für die Nachrüstungen von LKW auf den Weg gebracht. 375 Anträge für 1.011 Fahrzeuge zur Förderung der Nachrüstung von Lkw mit Abbiegeassistenten sind seit Einführung im September 2019 gestellt worden. Das teilte das Verkehrsministerium mit. Vor einem Jahr waren es 72 Anträge für 185 Fahrzeuge gewesen, inzwischen haben sich die ausgezahlten Förderungen von 113.000 Euro auf 625.338 Euro erhöht, das sind rund 66 Prozent des Gesamtfördersumme. Die Assistenzsysteme zur Unfallreduzierung sind ab 2024 EU-Standard.
Insgesamt ist noch ein Drittel der Fördersumme übrig. Mit 78 Prozent wurden dabei mehrheitlich Bestandsfahrzeuge nachgerüstet, der Rest entfällt auf Neufahrzeuge (Stichtag 11. Februar 2021). Zurzeit sind 15 unterschiedliche Abbiegeassistenzsysteme förderbar, die Unfälle von Lastwagen mit Radfahrern oder Fußgängern zu verhindern sollen: Lkws sind auch wegen des großen toten Winkels für den Lenker für überproportional hohes Unfallrisiko verantwortlich, hieß es aus dem Ministerium.
EU-weite Verpflichtung ab 2022
Eine verpflichtende Serienausstattung von Lkw mit Abbiegeassistenten sieht die Europäische Union ab 2022 in allen neuen Fahrzeugmodellen bzw. ab 2024 in allen neu zugelassenen Fahrzeugen vor. Nationale Alleingänge sind davor nicht möglich. (APA/red)
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