"Schlecht recherchierter Journalismus": Gericht wirft Jan Böhmermann Falschberichterstattung vor
Das Münchner Landgericht hat Moderator Jan Böhmermann und dem ZDF eine deutliche Abfuhr erteilt: Der Richter stellte fest, dass die Berichterstattung über eine angebliche Verbindung von Arne Schönbohm zu russischen Geheimdiensten falsch war.
Bei der mündlichen Verhandlung gab dabei die Pressekammer des Münchner Landgerichts am Donnerstag in einer vorläufigen Einschätzung der Klage von Arne Schönbohm, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, in fünf wesentlichen Punkten Recht. Zuerst hatten Focus und Welt darüber berichtet.
Darüber hinaus folgte das Gericht in seiner vorläufigen Einschätzung weiteren Unterlassungsanträgen. So kritisierte der Vorsitzende Richter Böhmermanns Kommentar, dass Schönbohm eine Gefahr für die Cybersicherheit darstelle. Schönbohm forderte wegen der Falschberichterstattung 100.000 Euro Schadensersatz vom ZDF.
Innenministerium erteilt Schönbohm öffentliches Erklärungsverbot
Nach der Ausstrahlung der Neo Magazin Royale-Sendung begann dabei eine regelrechte Hetzkampagne gegen Schönbohm. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) suspendierte das CDU-Mitglied mit der Begründung, das Vertrauen in ihn sei durch die Berichterstattung Böhmermanns zerstört worden. Ein halbes Jahr lang wurde Schönbohm unter anderem durch das Bundesamt für Verfassungsschutz disziplinarisch untersucht, bis klar wurde, dass die Vorwürfe bezüglich seiner Nähe zu Russland unbegründet waren.
In dieser Zeit war Schönbohm von Ministerin Faeser zur Akademie für öffentliche Verwaltung versetzt worden. Ein hoher Ministerialbeamter schrieb: Mit der Ablösung sei das Ziel erreicht worden. Der „Böhmermann-Falsch-Slapstick“ war demnach ein Mittel zum Zweck. Das Bundesinnenministerium verbot Schönbohm während der Untersuchungen, sich öffentlich zu den Vorwürfen zu äußern. Wie Schönbohm erklärte, musste er abwarten, bis die disziplinarischen Überprüfungen abgeschlossen waren, bevor er seine Gegner verklagen konnte. Zuerst klagte er vor dem Kölner Verwaltungsgericht gegen Faeser wegen Verletzung der Fürsorgepflicht, anschließend gegen das ZDF wegen falscher Berichterstattung.
Streitwert auf 205.000 Euro festgelegt
Bei der Verhandlung argumentierten die ZDF-Anwälte, dass die Recherche der Böhmermann-Redaktion korrekt gewesen sei und nie behauptet wurde, dass Schönbohm russischen Geheimdiensten nahestände. Doch je länger die Verteidigung dauerte, desto unglaubwürdiger wurde sie. Schönbohms Anwalt Markus Hennig entgegnete, dass die Gegenseite offenbar falsche Behauptungen vortrage: „Jeder in Deutschland hat gesehen, dass meinem Mandanten eine Nähe zu russischen Geheimdiensten unterstellt wurde.“
Seine Kollegin fügte hinzu: „Einige Tage später berichtete das ZDF, dass Herr Schönbohm wegen seiner russischen Kontakte in Kritik geraten sei.“ Dies sei das Ergebnis der falschen Vorwürfe im ZDF Neo Magazin Royale gewesen, einer Einschätzung, der sich die Richter anschlossen.
Das Gericht setzte den Streitwert auf 205.000 Euro fest. Ein Urteil wird am 28. November erwartet. Sollte das ZDF unterliegen, drohen hohe Kosten. Auch die Forderung nach einem sechsstelligen Schadensersatz steht noch im Raum. Die ZDF-Anwälte warnten davor, dieser Forderung nachzugeben, da dies eine Gefahr für die Pressefreiheit darstellen könnte.
Schönbohms Anwälte widersprachen dieser Sichtweise: Ihr Mandant habe wochenlang negative Schlagzeilen und schließlich eine Strafversetzung ertragen müssen. „Und dann hat sich das Innenministerium nicht einmal entschuldigt, als klar war, dass an den Vorwürfen nichts dran war“, kritisierte Anwalt Hennig. Nach dem Gerichtstermin zeigte sich der Anwalt zufrieden mit dem vorläufigen Ergebnis: „Der Termin hat gezeigt, dass schlecht recherchierter Journalismus nicht tolerierbar ist.“ Schönbohm selbst äußerte sich zurückhaltend gegenüber Focus online: „Ich bin zufrieden, wie alles gelaufen ist. Nun warten wir demütig auf das Urteil.“
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