Staatsschulden durch Corona-Pandemie auf 84 Prozent gestiegen
Die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie kostet: im Vorjahr stiegen die Staatsschulden von 70,5% auf 83,9% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), geht aus dem Bundesrechnungsabschluss 2020 vor. Das Defizit stieg auf 22,48 Mrd. € (Finanzierungshaushalt). Auf gesamtstaatlicher Ebene erzielte Österreich demnach im Jahr 2020 ein öffentliches Defizit von 8,9% des BIP; 2019 gab es noch einen Überschuss von 0,6% des BIP.
Nicht nur über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Staatsbudget diskutierten die Abgeordneten anhand des Bundesrechnungsabschlusses 2020. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS nahmen den vom Rechnungshof vorgelegten Bericht auch zum Anlass, mangelnde Transparenz bei der Auszahlung von Corona-Hilfen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) zu bekritteln. Die Opposition verweigerte daher die Kenntnisnahme des Bundesrechnungsabschlusses. In dieser Angelegenheit hatte sie bereits vor dem Sommer eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht.
In der Minderheit blieben eine Reihe von Entschließungsanträgen der Opposition, die in der Sitzung eingebracht wurden. So forderte die SPÖ Klimainvestitionen statt “Körperschaftssteuer-Geschenke für Konzerne”. Die FPÖ setzte sich mit Anträgen für ein Fördermodell gegen Energiearmut sowie – ebenso wie die NEOS – dafür ein, die kalte Progression abzuschaffen. Zudem ist den NEOS die Abschaffung der Rechtsgeschäftsgebühren ein Anliegen. Sie pochen außerdem auf eine massive Erhöhung der für den Ausbau der Elementarpädagogik vorgesehenen Mittel auf 1,2 Mrd. €.
SPÖ vermisst Transparenz bei Wirtschaftshilfen
Als “vollkommen intransparent” bezeichnete Kai Jan Krainer (SPÖ) die Mittelausschüttung bei der Abwicklung der Wirtschaftshilfen durch die COFAG im letzten Jahr und erklärte, auch der Rechnungshof kritisiere die mangelnde Transparenz im Umgang mit Corona-Hilfen im Umfang von 15 Mrd. €. Wie seine Fraktionskollegin Julia Herr vermisst Krainer generell in der Budgetpolitik des ÖVP-geführten Ressorts echte Entlastungen für die arbeitende Bevölkerung. Entgegen den ÖVP-Meldungen, Steuern würden gesenkt, seien Steuer- und Abgabenquoten seit 2018 gestiegen, so der SPÖ-Finanzsprecher. Angesichts der weiterhin ansteigenden kalten Progression würden nur Konzerne und große Unternehmen von Steuersenkungen profitieren.
Immerhin zahlten 85% der Steuern in Österreich die arbeitenden Menschen und PensionistInnen, nur die restlichen 15% gingen auf Einnahmen aus den Gewinnen großer Konzerne zurück, führte Julia Herr aus. Die geplante Senkung der Gewinnsteuern (KÖSt) werde daher nicht die kleinen Betriebe entlasten, prophezeite sie und schlug mit einem Entschließungsantrag vor, das Geld für die angedachte KÖSt-Senkung besser für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Land zu verwenden. “Das wäre sozial und ökologisch”, sprach Herr dem vorgeschlagenen Steuerpaket mit CO2-Bepreisung ab, einen wirklichen Lenkungseffekt im Sinne des Klimaschutzes zu haben.
FPÖ: Regierung hat Österreich heruntergewirtschaftet
Die Regierung habe die Republik 2020 nicht zuletzt durch Coronahilfen über die “Blackbox” COFAG finanziell massiv geschädigt, befand Herbert Fuchs (FPÖ). Das sehe man beispielsweise am Maastricht-Defizit, bei dem Österreich im oberen Drittel der EU-Länder liege. Der Wirtschaft gehe es trotz, nicht dank dieser Regierung wieder besser, konstatierte Fuchs, der meinte, mit dem kommenden Budget werde nicht die größte Steuerentlastung, sondern die größte “Mogelpackung” aller Zeiten vorgelegt. Unter anderem kritisierte er die geplante “CO2-Strafsteuer”, die Mineralölsteuererhöhung, und fehlende Maßnahmen gegen die kalte Progression, wie die Mehrbelastung von ArbeitnehmerInnen aufgrund der steuerlichen Progression beschrieben wird. Diese kalte Progression dürfe nicht für die Finanzierung der angekündigten Steuerentlastungen genutzt werden, sondern sei zu bekämpfen, richtete er der Regierung mit einem Entschließungsantrag aus.
Sein Parteikollege Erwin Angerer unterstrich ebenfalls mit einem Antrag, die Regierung müsse Maßnahmen gegen Energiearmut, also zur sicheren Strom- und Gasversorgung der ÖsterreicherInnen, ergreifen. Er hielt nämlich der Regierung vor, das von ihr geplante Bundesfinanzgesetz werde, die Menschen nicht entlasten, liege doch die Staatsschuldenquote bereits bei gut 90% des BIP.
NEOS: Budgetpolitik ist nicht zukunftsfit
Seit Jahren kritisierten die NEOS die fehlende Zukunftsfähigkeit des österreichischen Budgets, sagte Gerald Loacker, der den Befund seiner Partei im Bundesrechnungsabschluss bestätigt sah. Die derzeitige “Chaos-Regierung” sei kein Stabilitätsfaktor, sondern mache permanent weiter Schulden und schreibe das Maastricht-Defizit fort. Ein Null-Defizit werde erst 2025 als möglich angepeilt, prangerte Loacker eine verfehlte Schuldenpolitik an. Man vertraue offenbar darauf, dass die staatlichen Einnahmen durch die SteuerzahlerInnen unvermindert fließen und taste den größten Budgetposten – laut Loacker die Pensionslasten – nicht an.
“Es fehlt die Entlastung des Mittelstandes”, folgerte der NEOS-Mandatar, das Herunterschrauben einiger Steuersätze reiche nicht für ein zukunftsfähiges Budget, das auch dem Klimaschutz dienen soll.
Karin Doppelbauer (NEOS) begründete, dem Bundesrechnungsabschluss nicht zustimmen zu können etwa mit der nach Meinung ihrer Fraktion intransparenten Vergabe von Steuergeldern. Die COFAG habe 9 Mrd. € ohne parlamentarische Kontrolle ausbezahlt, kritisierte sie, außerdem gebe es weder Rechtssicherheit für Unternehmen noch eine Evaluierung. Mit dem neuen Budget habe man sich außerdem vom konsolidierten Budgetpfad verabschiedet, das “Schuldenmachen” gehe uneingeschränkt weiter – und zwar aus ihrer Sicht auf Kosten der Jungen und des Mittelstands.
ÖVP weist Kritik an Corona-Hilfen zurück
18 Mrd. € an Entlastungen kämen dem Mittelstand mit dem nächsten ökosozialen Steuerpaket zugute, replizierte Gabriel Obernosterer (ÖVP) auf die Vorhaltungen der Opposition, NormalverdienerInnen würden nicht von Steuersenkungen unter der aktuellen Regierung profitieren. Zum vorliegenden Bundesrechnungsabschluss sagte er, dieser belege den richtigen Mitteleinsatz bei den Coronahilfen im Vorjahr. “Wer bis zum Ausbruch der Coronakrise zahlungsfähig war, ist es auch jetzt”. Österreich habe trotz Coronakrise den Weg in den normalen Alltag geschafft. Kritik an der Ermächtigung des Finanzministers zur schnellen Hilfeabwicklung über die COFAG wertete Obernosterer vor diesem Hintergrund als ungerechtfertigt. Die Kontrolle über die Finanzierungsagentur, die über eine Million Anträge abgearbeitet habe, sei außerdem vollständig gegeben. Immerhin seien auch die Sozialpartner in der COFAG vertreten.
Trotz der schlechten Finanzlage vom Vorjahr warb Andreas Hanger (ÖVP) im Plenum für Optimismus. Durch Programme wie die Abgeltung von coronabedingter Kurzarbeit habe die Regierung das Land 2020 sicher durch die COVID-19-Krise geführt, das zeige sich an den aktuellen Wirtschaftszahlen. Bei bleibendem Wirtschaftswachstum sei eine Rückführung der staatlichen Verschuldung auf 70% realistisch, frohlockte Hanger, zudem sei für Österreich die Verzinsung zur Finanzierung der Verschuldung auf den Finanzmärkten weiterhin negativ.
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