Deutschland: Trotz Impfung müssen die Bewohner eines Seniorenheims in Isolation bleiben
Im deutschen Freiburg wird ein Streit in einem Seniorenzentrum zu Präzedenzfall – Die Behörden wollen trotz Durchimpfung der Bewohner die Kantinenöffnung untersagen.
"Bewohner verwahrlosen zunehmends"
Der Leiter des Seniorenheims Mühlenblick nähe Freiburg, Wolfrahm Uhl, sagte in einem Interview mit dem Focus, dass die Bewohner aufgrund der sozialen Isolation, die seit Monaten vorherrscht, komplett verwahrlosen und sich gehen lassen. Deswegen setzt sich der Heimleiter für eine Öffnung der Kantine des Seniorenheims ein. Denn: Er macht sich mittlerweile große Sorgen, dass Senioren bald stationär behandelt werden müssen, weil sie geistig so stark abgebaut hätten. Er setzt sich dafür ein, dass für geimpfte Senioren und geimpftes Personal ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine des Seniorenheims wieder möglich ist.
Behörden verhindern jegliche Öffnung - trotz nahezu perfekter Ausgangslage
Die Behörden machen dem Vorhaben des Heimleiters allerdings einen Strich durch die Rechnung. Das Gesundheitsamt Lörrach, das Verwaltungsgericht Freiburg und das Verwaltungsgericht Mannheim legten gegen das gemeinsame Mittagessen der Hochbetagten ein Veto ein. Es sei nicht hinreichend geklärt, welche Ansteckungsgefahr von Geimpften ausgehe, begründeten die Gerichte ihre Entscheidung.
Dabei wären die Bedingungen nahezu perfekt für eine Öffnung der Kantine – alle Bewohner und der Großteil des Personals ist bereits gegen Covid-19 geimpft.
„Verbot richtet erheblichen Schaden an Leib und Seele an“
Der Heimleiter Uhl möchte es nicht dabei belassen. Auch der Medizinethiker Karl-Heinz Wehkampf unterstützt das Vorhaben Uhls.
„Meiner Meinung nach gilt hier das antike medizinethische Leitgebot der Schadensvermeidung. Ein Verbot des gemeinsamen Mittagessens für geimpfte Senioren richtet erheblichen Schaden an, an Seele und Leib. Ich würde es als Teil einer nicht akzeptablen, verordneten existenziellen Vereinsamung sehen”, so der Professor in einem Interview mit Focus online. Er sah das Gebot des Humanen verletzt: “Den Senioren wird ihre Autonomie, ihre Würde genommen. Sie stehen am Ende ihres Lebens und dürfen nicht selbst entscheiden, welches Risiko sie eingehen”, sagt er. Letztlich seien nur zwei Dinge sicher: Dass jeder einmal sterben müsse und, dass es Gewissheiten von 100 Prozent nicht gebe.
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