In einigen Selbsthilfeplattformen klagen Menschen nach Impfungen über Erschöpfung, Konzentrationsschwäche oder Schlaflosigkeit, also Long-Covid-ähnliche Symptome. Forschern zufolge besteht hier meistens kein kausaler Zusammenhang, weil in den anschließenden Untersuchungen meistens keine Antikörper gefunden werden. Dennoch könnte dieser Zusammenhang in seltenen Fällen bestehen.

Ärzteteam in Erlangen entdeckt funktionelle Autoantikörper bei Long-Covid-Patienten

Vieles über Long Covid ist noch ungeklärt. Einem Ärzteteam der Augenklinik des Universitätsklinikums Erlangen gelangen im Sommer 2021 erstmals erfolgreiche Heilversuche von Patienten mit Long Covid. Die Betroffenen litten unter starker Erschöpfung, Konzentrationsproblemen, Muskelzittern oder Geschmacksstörungen. Tatsächlich hat das Team dabei auch sogenannte funktionelle Autoantikörper im Blut von Long-Covid-Patienten entdeckt. Nun hofft das Team mit Hilfe des neuen Herzmedikaments “BC 007” – James Bond lässt grüßen – Long Covid zu heilen.

Bis heute gibt es keine gezielte Therapie gegen Long Covid, weil die Ursache nicht geklärt ist

Auch an der Medizinuni Innsbruck klagen einige Patienten nach einer Covid-Impfung über Long-Covid-ähnliche Symptome oder eine vorübergehende Verschlechterung von Long Covid. Es seien aber “nur eine Handvoll”, sagt die Lungenfachärztin und Long-Covid-Spezialistin Judith Löffler-Ragg von der Medizinischen Universität Innsbruck gegenüber science.ORF.at.

Da bis heute die Ursache der unspezifischen Symptome von Long Covid unerforscht ist, könne man bis heute auch keine gezielte Therapie anbieten. Löffler-Ragg vermutet als Ursache eine fehlerhafte Immunreaktion.

US-Neuroimmunologe spricht von einem "zeitlichen Zusammenhang"

Ein weiterer Forscher, der sich mit Long Covid befasst, ist der Neuroimmunologe Avindra Nath. Er ist klinischer Direktor des Instituts für Neurologische Krankheiten der US-Gesundheitsbehörde NIH. Im Fachmagazin “Science” spricht er von “zeitlichen Zusammenhängen” zwischen einer Impfung und Long-Covid-Symptomen. Zur Frage nach einem ursächlichen Zusammenhang antwortet er: “Ich weiß es nicht.” Die Studien von Nath zu rund 30 Fallbeispielen sollen in Kürze veröffentlicht werden.

Autoantikörper können einer Studie zufolge bis zu ein halbes Jahr nach der Ansteckung nachgewiesen werden, schreibt der “Science”-Artikel. Gemäß einer noch unveröffentlichten Arbeit des Neurologen Harald Prüss von der Berliner Charité könnten sie auch das Gehirngewebe schädigen.

Ob Long-Covid-Patienten eine Besserung durch eine Impfung erfahren soll eine Studie klären

Judith Löffler-Ragg von der Medizinuni Innsbruck verweist gegenüber science.ORF.at auf eine spezielle Situation: “Alle möglichen Beschwerden werden von Betroffenen als Folge einer Omipräsenz dieses Themas nur noch mit Covid oder Impfung verbunden. Beschwerden können aber viele andere Ursachen haben. Das gehört abgeklärt, und wenn das geschehen ist, und Unklarheiten verbleiben, melden wir Verdachtsfälle auch den Behörden.”

Prinzipiell seien Geimpfte aktuellen Studien zufolge besser vor Long Covid geschützt als Ungeimpfte, sagt die Long-Covid-Expertin. Long-Covid-Patienten können sogar eine Besserung durch die Impfung erfahren. Hierzu gibt es bereits eine umfassende US-Studie, deren Daten aber noch ausständig sind.