Warum die Covid-Impfung bei älteren Menschen schlechter wirkt
Deutschen Forschern in Berlin gelang ein Durchbruch: Sie haben einen neuen Grund entdeckt, warum die Covid-Impfung Jung und Alt unterschiedlich gut schützt. Bei jungen Menschen hält die Immunität länger an. Das hängt offensichtlich auch mit zurückliegenden Erkältungen zusammen.
Die Covid-Impfung schützt Jung und Alt nicht gleich gut. Bei der jungen Generation hält die Immunität länger an, bei älteren Menschen lässt sie schneller nach, wie Studien belegen. Einer der Gründe dürften zurückliegende Erkältungen sein, wie deutsche Forschern mitteilen.
Bei manchen Menschen reagiert das Immunsystem sehr schnell auf den Covid-Erreger, obwohl sie zuvor noch nie mit ihm in Kontakt gekommen sind. Das liegt dann in der Regel an ihren Gedächtnis-Immunzellen. Sie erkennen das Virus trotz seiner Neuheit und setzen eine Abwehreaktion in Gang. Wissenschaftler haben diese sogenannte Kreuzreaktivität bereits in mehreren Studien aufgezeigt.
„Bei Erkältungen baut das Immunsystem ein schützendes Coronavirus-Gedächtnis auf“
Schon 2020 vermutete das Team der Berliner Universitätsklinik Charité, dass sogenannte T-Helferzellen den Erreger ebenfalls bekämpfen, und zwar wegen seiner ähnlichen Struktur mit bereits bekannten Erkältungs-Coronaviren. Jüngste Untersuchungen der Charité-Forscher stützen diese Hypothese. Demnach dürfte die Kreuzimmunität einer von mehreren Gründen für unterschiedlich schwere Covid-19-Verläufe sein. Auch die unterschiedliche Effektivität der Impfungen je nach Altersgruppe könne damit erklärt werden.
„Bei Erkältungen mit harmloseren Coronaviren baut das Immunsystem eine Art universelles, schützendes Coronavirus-Gedächtnis auf“, erklärt Studienleiterin Claudia Giesecke-Thiel. „Wenn es nun mit Sars-CoV-2 in Kontakt kommt, werden solche Gedächtniszellen wieder aktiviert und greifen auch den neuen Erreger an. Das könnte zu einer schnelleren Immunantwort gegen Sars-CoV-2 beitragen, die einer ungehinderten Ausbreitung des Virus im Körper zu Beginn der Infektion entgegensteht und so den Verlauf der Erkrankung vermutlich günstig beeinflusst.“
Je höher die Anzahl an kreuzreagierenden Zellen, desto besser ist die Immunantwort
Darüber hinaus verstärken die kreuzreagierenden T-Zellen auch noch die Antikörperbildung nach einer Covid-19-Impfung mit dem Vakzin von Biontech. Das untermauert die Analyse einer Immunreaktion von 31 gesunden Personen vor und nach der Impfung: Normale T-Helferzellen wurden binnen zwei Wochen schrittweise aktiviert, die kreuzreagierenden T-Helferzellen sprachen hingegen schon innerhalb von einer Woche auf die Impfung an.
Kurz: Je mehr kreuzreagierende Zellen, desto besser die Immunantwort. Je mehr kreuzreagierende Zellen vor der Infektion vorhanden waren, desto besser fiel die Immunantwort aus. Andreas Thiel, ebenfalls leitender Autor der Studie, unterstreicht: „Das könnte die überraschend schnelle und sehr hohe Schutzwirkung erklären, die wir zumindest bei jüngeren Menschen schon nach einer Covid-19-Erstimpfung beobachten.“ Der Effekt der Kreuzreaktion nimmt nämlich mit dem Alter ab.
Aufgrund des alternden Immunsystems nimmt die Kreuzimmunität im höheren Lebensalter ab
Wie die Forscher nachwiesen, nimmt die Kreuzimmunität im höheren Lebensalter ab: Sowohl die Anzahl der kreuzreagierenden T-Zellen als auch ihre Bindungsstärke war bei älteren Studienteilnehmern geringer als bei jüngeren. Die Ursache sehen die Autoren in natürlichen Veränderungen eines alternden Immunsystems. Thiel hält deshalb eine Drittimpfung bei älteren Menschen für sinnvoll: „Eine dritte Auffrischungsimpfung könnte in dieser stärker gefährdeten Bevölkerungsgruppe die schwächere Immunantwort vermutlich ausgleichen und für einen ausreichenden Impfschutz sorgen.“
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