Wettkampf der Währungen: Es begann mit Muscheln, Jahrtausende vor Bitcoin (3 Teile)
Bitcoin könnte einen Wettbewerb mit staatlichem Geld einleiten. Der Währungswettbewerb ist aber nichts Neues. Schon oft verdrängten neue Währungen die etablierten. So sind etwa Wampum-Muscheln, Akori-Perlen oder Rai-Steine als Zahlungsmittel verschwunden. Der Blick in die Vergangenheit ist lehrreich. (Teil 1)
Bitcoin als Ersatz für Papiergeld – das klingt nach Spinnerei. „Sag niemals nie!“, das denkt man mit Blick auf die abwechslungsreiche Geschichte des Geldes. Vieles wurde schon als Währung verwendet, nicht nur Edelmetalle wie Gold, Silber und Kupfer, sondern auch Perlen, Muscheln, Steine, Salz und Rinder. Stets von neuem wurden etablierte Währungen von Neuankömmlingen verdrängt.
Gutes Geld darf nicht rasch an Wert verlieren. Andernfalls werden Sparer die Hände davon lassen, und es ist dann auch nicht mehr als Tauschobjekt geeignet. Genau das wurde bestehenden Währungen oft zum Verhängnis: Ihre zu rasche und überbordende Vermehrung, die schließlich mit ihrem massiven Wertverlust einherging.
USA: Britische Münzen verdrängten Wampum-Muscheln
Von Nordamerika über Afrika bis nach Asien verwendete man lange Zeit Muscheln als Währung. Die Indianerstämme Neuenglands in Amerika etwa stützten sich auf die Muschelperlen Wampum als Währung. Mit ihr trieben auch die ersten Europäer nach ihrer Ankunft Handel. Von 1637 bis 1661 waren die Wampum in Neuengland das gesetzliche Zahlungsmittel.
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So aktuell kann Geschichte sein
Doch die Wampum waren mitunter sehr unterschiedlich in ihrem Aussehen, was ein Nachteil beim Messen von Preisen und Wechselraten war. Fortschritte in der Schiffstechnik erleichterten darüber hinaus das Auffinden neuer Muscheln im Meer, womit das Angebot an Muscheln stieg, ihr Wert aber sank. Schon bald wurden sie daher von britischen Gold- und Silbermünzen ersetzt.
Westafrika: Aus Akori-Perlen werden „Sklavenperlen“
In Westafrika verwendete man jahrhundertelang die kleinen, kostbaren Glasperlen namens Akori-Perlen als Geld. Möglicherweise wurden sie ursprünglich aus Meteoritengestein hergestellt. So wie die Wampum waren auch die Akori-Perlen zunächst ein sehr knappes Gut aufgrund ihrer mühsamen Herstellung.
Europäische Entdecker erkannten im 16. Jahrhundert die hohe Wertschätzung der Einheimischen für die edlen Perlen und machten sich daher Europas fortgeschrittene Glasherstellungstechnologie zunutze. Sie produzierten kostengünstig weitere Perlen, die sie per Schiff nach Afrika transportierten. Die Einheimischen tauschten ihre Vermögenswerte sofort gegen die neuen Perlen ein – mit fatalen Folgen: Afrikas einst harte Währung verlor über Jahrhunderte hinweg an Kaufkraft. Afrika verarmte und die Akori-Perlen wurden später „Sklavenperlen“ genannt.
Wie Captain O’Keefes die Rai-Steine entwertete
Es mag zunächst erstaunen, aber auch die schweren Rai-Steine der Yap-Inseln im Westpazifik, die bis zu fünf Tonnen wiegen konnten, wurden jahrhunderte- vielleicht sogar jahrtausendelang als Zahlungsmittel verwendet. Wegen ihrer Schönheit und Seltenheit waren sie auf Yap sehr begehrt. Dabei befanden sie sich ursprünglich auf der Nachbarinsel Palau, von der sie von den Yapesen unter großer Anstrengung mit Kanus nach Yap transportiert wurden. Man sieht: Auch hier erfolgte die Ausweitung der Geldmenge zunächst aufwändig.
Besitzer eines Steins konnten diesen als Zahlungsmittel einsetzen, ohne ihn bewegen zu müssen. Sie verkündeten einfach ihren Mitbewohnern, dass der Besitz auf jemand anderen übergangen war, und das wurde von den Anderen auch akzeptiert.
Das System funktionierte tadellos, bis 1871 der irisch-amerikanische Kapitän David O’Keefe vor der Küste strandete und von den Yapesen gerettet wurde. Der Hollywood-Streifen „His Majesty O’Keefe“ (1954) mit Burt Lancaster hat die Geschichte verfilmt: O’Keefe entdeckte auf den Yap-Inseln den Export von Kokosnüssen als lukratives Geschäftsmodell, nur interessierten sich die Yapesen nicht für seine Währung. O’Keefe gab nicht auf und kaufte Sprengstoff und Werkzeuge, mit denen er große Mengen an Rai-Steinen nach Yap überführte. Doch wegen dieser mühelosen Beförderung wollten die meisten Einwohner seine Steine nicht annehmen – mit ein paar Ausnahmen, die sie gegen Kokusnüsse eintauschten. Das löste einen Streit aus, und alles mündete schon bald ebenfalls im raschen Wertverlust der Steine. Heute haben die Rai-Steine auf den Yap-Inseln nur mehr kulturelle Bedeutung. Die Folgen waren aber weniger dramatisch als in Afrika, denn dieser Wandel geschah nicht schleichend über einen langen Zeitraum.
Auch Rinder und Salz fungierten schon als Währungen
Noch heute dienen Rinder in einigen Gesellschaften als Mitgift. Der Brauch ist Überbleibsel der Antike. Angeblich bis in die Zeiten Homers waren Rinder ein Zahlungsmittel. So dürften beim „Eintausch ansehnlicher Vermögensstücke … vorzugsweise größere Nutztiere als Gegenleistung angenommen worden sein“, wie der österreichische Ökonom Carl Menger (1840–1921) berichtet.
Rinder galten als besonders wertvolle Besitztümer. Wegen ihrer Mobilität konnte man sie auch überall einsetzen. Allerdings waren sie nicht teilbar und für das Messen niedriger Preise nicht geeignet. Daher benützte man parallel zu ihnen Salz. Nun, dazu entwickelte die Antike eine Alternative, die weit praktischer war: Schon bald wurden Metallmünzen das dominierende Zahlungsmittel im antiken Griechenland. Im vierten Jahrhundert vor Christus setzten sie sich in ganz Griechenland durch.
Unter den Metallmünzen sollte eine über Jahrtausende einen Siegeszug in sämtlichen Kulturen antreten. Mehr dazu in Teil 2.
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