Wieder ein Klischee widerlegt: Männer weinen häufiger als Frauen
Eine US-Umfrage ergab: Männer weinen häufiger als Frauen, und sie suchen auch öfter professionelle Hilfe auf, verheimlichen das aber im Gegensatz zu Frauen auch. Sind Männer im 21. Jahrhundert sensibler?
Angeblich weinen Burschen nicht. Eine neue US-Umfrage belegt das Gegenteil. Männer weinen sogar häufiger als Frauen, wie die Resultate zeigen. 2004 Amerikaner nahmen an der Umfrage von OnePoll im Auftrag von Vida Health teil.
Männern ist es peinlich, professionelle Hilfe zu benötigen
Männer weinen ihr zufolge im Durchschnitt viermal pro Monat, Frauen hingegen etwa dreimal im Monat. Auf das ganze Jahr gerechnet bedeutet das: Männer weinen jährlich also 48 Mal, Frauen nur 36 Mal. Ebenfalls unzutreffend scheint das Klischee zu sein, dass Männer keine professionelle Hilfe für ihre psychische Gesundheit in Anspruch nehmen. Zwei Drittel der männlichen Befragten haben dies irgendwann in ihrem Leben getan, verglichen mit nur der Hälfte der Frauen. Allerdings sind Männer, die Hilfe suchen, immer noch mit einem Stigma behaftet, wie die Umfrage ebenfalls zeigt.
Andere Stereotypen scheinen sich hingegen zu bewahrheiten. So verheimlichen Männer (63 Prozent) fast doppelt so häufig wie Frauen (34 Prozent) die Tatsache, dass sie sich wegen ihrer psychischen Gesundheit in Behandlung befinden. Die männlichen Befragten geben auch zu, dass sie sich peinlich berührt (50 Prozent), beschämt (40 Prozent) oder ängstlich (39 Prozent) fühlen würden, wenn die ihnen nahestehenden Personen herausfinden würden, dass sie sich in Therapie befinden. Im Gegensatz dazu würden sich nur 23 Prozent der weiblichen Befragten peinlich berührt fühlen, 17 Prozent würden sich schämen, und nur 16 Prozent würden Angst empfinden.
Stigmata fördern schädliches Verhalten bei Männern
Diese verstärkten Schamgefühle könnten der Grund dafür sein, dass Männer, die mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben, häufiger zu Bewältigungsstrategien wie Alkoholmissbrauch (49 Prozent), Drogenmissbrauch (40 Prozent) und Selbstverletzung (35 Prozent) greifen. Diese Verhaltensweisen scheinen bei Frauen weit weniger verbreitet zu sein. Nur 27 Prozent berichteten über Alkoholmissbrauch, 23 Prozent gaben Drogenmissbrauch zu, und 20 Prozent griffen zu Selbstverletzungen, um die Situation zu bewältigen. Nur 32 Prozent aller Befragten sind der Meinung, dass Männer weniger emotional sind als Frauen und daher seltener an psychischen Problemen leiden.
“Wir wissen, dass für viele Männer das Stigma, verletzlich zu sein und Hilfe für ihre psychische Gesundheit zu suchen, auch heute noch sehr verbreitet ist”, sagt Mark Hedstrom, der US-amerikanische geschäftsführende Direktor von Movember, einer Foundation, die Projekte für Männergesundheit finanziert. “Als Gesellschaft müssen wir diese Barrieren abbauen und Männern helfen, zu verstehen, wie wichtig es ist, sich zu öffnen und in diesen schwierigen Momenten Hilfe zu suchen. Wir müssen auch aufeinander aufpassen. Schauen Sie bei den Männern in Ihrem Leben vorbei – es könnte buchstäblich ein Gespräch sein, das ein Leben retten könnte.”
Männer fürchten das Urteil von Verwandten und Freunden
Insgesamt stimmen fast zwei Drittel der Befragten zu, dass Menschen, die Hilfe für ihre psychische Gesundheit suchen, immer noch mit einem Stigma behaftet sind – 61 Prozent der Frauen und 69 Prozent der Männer. Unabhängig vom Geschlecht glauben 40 Prozent der Befragten, dass Männer eher mit diesem Stigma konfrontiert sind, während 34 Prozent der Meinung sind, dass Frauen am ehesten damit konfrontiert sind.
Interessanterweise glauben 43 Prozent der Babyboomer (57 Jahre und älter), dass Männer mit einem Stigma der psychischen Gesundheit konfrontiert sind, aber nur 15 Prozent von ihnen glauben, dass dies bei Frauen der Fall ist. Die Ursache für dieses Stigma? Beide Geschlechter geben an, dass es am häufigsten die Freunde und die Familie sind. Männer glauben, dass sie von ihren Freunden weitaus häufiger stigmatisiert werden (19 Prozent), während nur 13 Prozent der Frauen dasselbe sagen.
"Es ist das Mutigste, Hilfe zu suchen"
“In den letzten zwei Jahren haben wir enorme Fortschritte bei der Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun – vor allem für Männer”, fügt Chris Mosunic, PhD, Klinischer Leiter von Vida Health, hinzu. “So viele Männer haben das Gefühl, dass sie ihre Gefühle für sich behalten, verstecken und abschirmen müssen, weil sie sonst als schwach und minderwertig abgestempelt werden. In Wirklichkeit ist es das Mutigste und Stärkste, was ein Mensch tun kann, diese Gefühle zu verstehen, sie anzunehmen und die Hilfe zu suchen, die ihm helfen kann, sich besser zu fühlen.”
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