Zwei Jahre Corona-Maßnahmen: Immer mehr Menschen psychisch krank
Zwei Jahre ist es her, dass sich unsere Leben komplett verändert haben. Das Corona-Virus stellte unsere Welt auf den Kopf. Und die Krise brachte eine Lawine an Kollateralschäden. Medizinisch, finanziell – vor allem aber auch psychisch.
Lockdowns, Homeoffice, Masken und geschlossene Schulen. Dazu keine Treffen mit unseren Liebsten. Keine Urlaube, keine gemütlichen Abende im Wirtshaus. All das ging nicht spurlos an uns vorbei. Dass vor allem die Reaktion auf die Pandemie vielen Menschen das Leben kostete, berichtete der eXXpress bereits. Weil sie nicht zu Vorsorgeuntersuchungen gehen konnten, waren für viele Leute ernste Erkrankungen die Folge. Aber nicht nur die physische Gesundheit leidet.
Wird es besser, wenn die Krise endet?
Psychologische Hilfe ist derzeit genauso schwer zu bekommen, wie Halbleiter. Betroffene lamentieren lange Wartezeiten auf Psychotherapieplätze. Das vergeht, wenn die Pandemie aus ist? Leider nein. “Zum einen, weil bereits vor der Krise psychische Erkrankungen im Vormarsch waren und die Versorgung schon damals nicht ausgereicht hat. Zum anderen, weil viele psychische Risikofaktoren und Beschwerden nicht von selbst verschwinden”, analysiert Karin Leitner im “A&W blog”. Sie ist Referentin im Team Sozialpolitik in der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik in der Arbeiterkammer Oberösterreich, spezialisiert auf Gesundheitspolitik.
Viele Jugendliche betroffen
Über 2 Jahre leben wir nun schon im #COVID-Ausnahmezustand: Distanz halten, #Homeoffice, #Homeschooling, Ansteckungsgefahr, #Kurzarbeit, #Arbeitslosigkeit, Lockdowns, etc. @dieleitner zu den weltweit hinterlassenen Spuren in der Psyche der Menschen: https://t.co/QbjPf7YFax pic.twitter.com/znYKEmMNWu
— A&W Blog (@AundW) March 31, 2022
Psychische Erkrankungen sind kein Phänomen der älteren Generation. Betroffen sind alle Altersgruppen auf der ganzen Welt. Die Covid-Pandemie wirkt wie ein Brandbeschleuniger.
War im Jahr 2014 ein Prozent der Bevölkerung von einer schweren depressiven Symptomatik betroffen, so litten nach Beginn der Pandemie 2020 acht (!) Prozent darunter. Acht von hundert Menschen also, sind schwer depressiv! Sogar unter Schülern gibt es einen dramatischen Anstieg zu verzeichnen. Dramatisch: 16 Prozent der Jugendlichen haben mehr als die Hälfte der Tage oder täglich Suizidgedanken. Auffällig ist, dass generell mehr Mädchen psychisch leiden als Burschen.
Leitners Fazit: "Mehr Investitionen in die Versorgungsstrukturen sind dringend nötig"
Dramatisch sieht es vor allem im stationären Psychotherapiebereich aus – die Krankenhäuser schlugen während der Pandemie immer wieder Alarm, dass die Kapazitäten erschöpft sind und Hilfesuchende nach einer Notversorgung weggeschickt werden müssen. Doch bereits vor der Krise waren zu wenig Betten vorhanden: Ein Bericht der Statistik Austria zur „Stationären psychischen Akutversorgung in Österreich“ zeigt deutlich, dass der österreichweite Bedarf an Krankenhausbetten in psychiatrischen Abteilungen bereits in den Jahren vor 2019 das tatsächliche Angebot deutlich überstiegen hat (Bedarf: 4719 Betten. Vorhanden: 4465). Rund ein Fünftel des Fehlbestands entfiel auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie!
Personalmangel verschärft die Situation in Wien
Der Personalmangel macht zum Beispiel in Wien eine ausreichende Betreuung fast unmöglich. Nun soll etwa der Betrieb der Jugendpsychiatrie der Klinik Hietzing zeitlich eingeschränkt werden. Angedacht sei derzeit eine Wochenklinik. Das würde heißen, dass stationär aufgenommene Jugendliche vor dem Wochenende heimgeschickt, oder wo anders untergebracht werden müssten. Brisant: Es wäre dann nur mehr eine (!) bettenführende Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie in ganz Wien auch am Wochenende offen – nämlich die im AKH. Diese gilt aber schon jetzt als sehr stark ausgelastet. eXXpress berichtete.
"Tropfen auf dem heißen Stein"
Bei der Initiative „Gesund aus der Krise“ soll das Geld für die psychosoziale Versorgung von jungen Menschen und Frauen aufgewendet werden. Experten bezeichnen das Projekt als „Tropfen auf den heißen Stein“ – es wird nur einem kleinen Teil der Betroffenen (geschätzten 7500 Kindern) helfen, führt Leitner ins Rennen.
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