Eine bisher unbekannte NGO hat die türkis-grüne Regierung im Visier. Sie will am 11. Juli eine Landkarte im Internet veröffentlichen, auf der die Adressen aller Haupt- und Nebenwohnsitze der Regierungsmitglieder und der 97 Nationalratsabgeordneten von ÖVP und Grünen zugänglich sind. Die Aktion will offensichtlich erpresserischen Druck auf die Betroffenen ausüben. Sie versteht sich als eine Revanche für die vom Integrationsministerium unterstützte Islamlandkarte. NGOs und Religionsgemeinschaften hatten die Landkarte teils scharf attackiert – der eXXpress berichtete.

Drohemail zieht Kritik am politischen Islam ins Lächerliche

Mittlerweile haben die türkisen und grünen Politiker ein Email von der NGO erhalten, die sich “League of Ordinary People Austria” (Liga der gewöhnlichen Menschen Österreichs) nennt. loop-austria@protonmail.com lautet die Emailadresse. Der sarkastisch-aggressive Tonfall darin ist unverkennbar. Warnungen vor dem politischen Islam werden ins Lächerliche gezogen.

Man wolle ein “neues Service” schaffen und “Transparenz”, heißt es. Und: “Natürlich wollen wir keinesfalls alle Abgeordneten von ÖVP und Grünen unter Generalverdacht stellen – andererseits dürfen wir auch nicht auf einem Auge blind sein und gefährliche Tendenzen in den Reihen der Regierungsparteien ignorieren.” In Konzept und Design werde die Karte analog zur “Islam-Landkarte” gestaltet sein.

Wer die Islamlandkarte kritisiert, bleibt "verschont"

Wer allerdings die Islamlandkarte kritisiert hat oder in einem Antwortemail an die Aktivisten kritisiert, der bleibt verschont. (Die NGO spricht von einem “Statement, das die datenschutzrechtliche und gesellschaftliche Problematik der Islam-Landkarte beschreibt”). Das kann de facto nur die Grünen betreffen, die sich teilweise von der Islamlandkarte distanziert haben, nicht aber die ÖVP.

Am Datenschutz kommen Anti-Regierungsaktivisten aber denn nicht vorbei: Politiker können so wie jede Privatperson die Veröffentlichung ihres Wohnsitzes verhindern, indem sie erklären, dass sie das nicht wünschen. Bei der Islamlandkarte war das insofern anders, als es hier um bereits öffentliche zugängliche Daten ging – sei es auf offiziellen Homepages der islamischen Einrichtungen, sei es in Vereinsregisterauszügen, die alle Namen und Adressen des Vorstands enthalten. Falls also ein Politiker eine Streichung seiner Adresse wünscht, kann er das der NGO mitteilen: “Auf der Webseite wird dann darüber informiert, dass Sie um eine Streichung gebeten haben und wieviele Adressen gestrichen wurden.”

Wolfgang Gerstl: "Ich bin stolz darauf, dass viele wissen, wo ich wohne"

Ob überhaupt einer der angeschriebenen Politiker den Akteuren antworten wird, bleibt abzuwarten. Bei einem geht aber die Drohung nicht auf, das ist der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Gerstl und er hat seine eigene Sicht der Dinge. Zwar findet er das erpresserische Vorgehen hinter der Aktion höchstbedenklich, doch hat er in seinem Fall rein gar nichts gegen die Veröffentlichung seines Wohnsitzes: “Meine Adresse kennen schon viele in meinem Bezirk, denn ich bin ihr Vertreter im Parlament”, erklärt er gegenüber dem eXXpress. “Ich bin stolz darauf, dass viele wissen, wo ich wohne, denn ich bin einer von ihnen und freue mich wenn ich sie vertreten darf. Dafür brauchen sie meine Kontaktdaten und das ist gut so!!”

Aufklärungsunterricht über die Demokratie tut offensichtlich not

An der Selbstbezeichnung der NGO und ihrem Email hat er aber etwas anderes auszusetzen: Dass hier gewöhnliche Menschen von Politikern künstlich getrennt werden: “Mit solchen Aktionen können Gräben gezogen werden, wo oft keine sind. Das schadet der Demokratie: Das Recht geht vom Volk aus und das Volk wählt eine oder einen der ihren.” Er selbst sei ein gewöhnlicher Mensch wie alle anderen. “Welch Bild haben die wohl von Politikern?” Wolfgang Gerstl hat 49.000 Hausbesuche gemacht und sieht den Politiker oft als Vermittler zwischen dem, was das Volk wünscht, und dem, was die Experten sagen. Mit Blick auf die Akteure hinter der Aktion meint er: “Wir müssen offensichtlich viel Aufklärung machen, damit die Demokratie nicht verloren geht!”