Nordkorea hat aus Anlass des 75. Jahrestages der Gründung der Koreanischen Volksarmee bei einer Militärparade wieder einmal seine Muskeln spielen lassen. Was dabei vor allem das US-Verteidigungsministerium in Alarmbereitschaft versetzt haben dürfte: die mindestens elf Interkontinentalraketen des Typs Hwasong-17. Mit diesen stellt Nordkorea für die USA nämlich eine ernsthafte Bedrohung dar.

Das Kalkül Pjöngjangs ist einfach: Die USA verfügen zwischen Alaska und Kalifornien über 44 bodengestützte Abfangjäger, die eine Interkontinentalrakete noch während des Flugs zerstören können. Wenn man davon ausgeht, dass Nordkorea pro Rakete jeweils vier Sprengköpfe montieren kann, übersteigt dies – bei einem Abschuss des gesamten Arsenals – die Kapazitäten der US-Luftabwehr.

Der allmächtige Machthaber in Nordkorea, Kim Jong Un, bei der jüngsten Militärparade

Hat Kim Jong Un die Zwangs-Wiedervereinigung mit Südkorea im Hinterkopf?

Worauf die nukleare Aufrüstung Nordkoreas letztlich hinauslaufen wird, darüber scheiden sich die Geister. Die wichtigste Frage dabei: Wird es Pjöngjang bei der bloßen Selbstverteidigung belassen? Thae Yong Ho glaubt nicht daran. Der ehemalige nordkoreanische Botschafter, der nach einer spektakulären Flucht 2016 die Seiten wechselte und mittlerweile im südkoreanischen Parlament sitzt, glaubt, dass Nordkorea sein Atomprogramm ausnutzen werde, um eine Wiedervereinigung mit Südkorea zu erzwingen – unter Kim Jong Uns Führung, versteht sich.

Bei solch einem Szenario dürften es sich die USA wohl zweimal überlegen, ob sie ihrem Verbündeten in Seoul militärisch zur Hilfe eilen würden, könnten sie doch selbst zur Zielscheibe nordkoreanischer Angriffe mit Atomraketen werden.