Die Stimmung ist kämpferisch. “Die Reifen sollten brennen”, verkündet Michał Kołodziejczak, Chef der Agrar-Bewegung Agrounion. Er fordert einen Schutz des heimischen Marktes und der heimischen Erzeuger. Die polnischen Landwirte warnen: Der Import von Waren aus der Ukraine zerstört ihr Geschäft.

Verbilligtes Getreide aus der Ukraine verärgert die polnischen Bauern

Einer der Hauptgründe für den von Agrounia organisierten Protest ist die Unzufriedenheit mit der Abschaffung der Zölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Ukraine – eine Maßnahme der EU. So landet ukrainisches Getreide nun in Polen, aber nicht in Nordafrika, wo es eigentlich gebraucht wird. Gleichzeitig machen den polnischen Bauern horrende Düngemittel-Preise zu schaffen. In den polnischen Regionen Podkarpacie oder Lublin sind für sie Mais und Weizen fast nicht mehr zu verkaufen.

Dabei hat die polnische Regierung anscheinend den Überblick verloren. “Sie weiß nicht einmal, was ins Land kommt und was danach mit diesen Waren geschieht”, sagt Michał Kołodziejczak, Vorsitzender von Agrounia, im Interview mit Business Insider Polska.

Waren sollen nach Nordafrika weiterexportiert werden

Nach Ansicht der Demonstranten ist die derzeitige Situation für die Erzeuger, die bereits mit einem enormen Kostenanstieg konfrontiert sind, tödlich. Ihrer Ansicht nach reicht eine Unterstützung in Form von Düngemittel-Subventionen oder einer geringeren Besteuerung von Kraftstoffen nicht aus, um wirksam zu helfen.

“Importierte Produkte schwächen jetzt die Position der polnischen Produzenten. Wenn wir in den kommenden Jahren das Angebot reduzieren, wird das Ausland uns die Preise diktieren. Das kann nur Ärger geben”, meint Kolodziejczak. Nach Ansicht von Agrounia sollten Waren aus der Ukraine nach Polen gelangen, aber sofort auf Drittmärkte gehen – zum Beispiel nach Nordafrika, das bisher Produkte aus der Ukraine importiert hat und sie nun dringend benötigt.

Die Europäische Kommission wollte Kiew helfen

Doch die Abschaffung der Zölle durch die EU bewirkt das nicht. Damit wollte die Europäische Kommission Kiew angesichts der geschlossenen Häfen helfen und den lokalen Lebensmitteln den Zugang zum europäischen Markt ermöglichen. Nun stellen die ukrainische Waren auf dem polnischen Markt nach Ansicht der Bauern in Polen ein Problem darstellen.

Der Nationale Rat der Landwirtschaftskammern hat das Problem ebenfalls bereits erkannt. “Es werden relativ kleine Mengen nach Polen importiert, die jedoch groß genug sind, um bei den Landwirten vor der Ernte zu Kürzungen und Ängsten zu führen, aber nicht genug, um die globale Situation zu beeinflussen”, schreibt die Kammer in ihrer Stellungnahme. Daher könnte sich das derzeitige Modell nicht nur für Getreide, sondern auch für Geflügel als ineffizient erweisen. “Getreide wird auf dem Weltmarkt teuer sein, die Preise werden instabil sein, und es wird einen Rückstau an sehr billigem Getreide in der Ukraine geben, ohne dass es möglich wäre, aus diesem Land zu exportieren, obwohl die erwartete Produktion in diesem Jahr viel niedriger ist.”

Preis-Mechanismus wird nun gefordert

Dies werde auch den Geflügelmarkt destabilisieren, “da die ukrainischen Geflügelproduzenten dank der billigen Futtermittel zu niedrigen Preisen produzieren und in die Europäische Union verkaufen werden, was sich vor allem auf die Produktion in Polen auswirken und die negativen Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erzeuger noch verstärken wird.”

Der Lösungsvorschlag der Kammer: Die EU kauf Getreide aus der Ukraine zu einem festen Preis ab, um es dann weiter zu exportieren. “Die Einführung eines solchen Mechanismus würde die Preise in der Ukraine stabilisieren, die Preise bei uns beruhigen, das Risiko von Kostenunterschieden bei der Geflügelproduktion verringern und gleichzeitig dazu beitragen, das Problem des Getreidetransports zu lösen.”

Es wird sich zeigen, wie die polnische Regierung reagiert. Die Folgen der Proteste der Landwirte haben die Niederländer in dieser Woche zu spüren bekommen, als sie leere Regale in ihren Geschäften vorfanden. Bei Blockaden von Lieferketten in diesem Land hat die Polizei sogar beschlossen, das Feuer zu eröffnen.