Die EU suchte nach Alternativen zu russischem Gas und fand sie scheinbar in Aserbaidschan vor. Nun dürfte die Inszenierung rund um ein EU-Lieferabkommen mit Aserbaidschan zur Mogelpackung werden. Wie sich zeigt, wird das Land vor allem große Mengen russischen Gases an die EU schlicht weiterleiten. Putins Gas landet somit weiterhin in Europa, nur macht es halt vorher einen Umweg.

Russland beliefert bereits Aserbaidschan

Denn nun hat der russische Staatskonzern Gazprom Export einen Gasliefervertrag mit der staatlichen aserbaidschanischen Ölgesellschaft (SOCAR) unterzeichnet. Er ist bis März 2023 gültig. Demnach wird das russische Unternehmen bis zu eine Milliarde Kubikmeter Gas liefern. Bereits am 15. November begannen die russischen Gaslieferungen an Aserbaidschan im Rahmen des neuen Abkommens, teilte Gazprom in seinem Telegrammkanal mit.

Skurrile Konsequenz: Die Lücke, die durch Russlands Export-Stopp von Gas nach Europa entstanden ist, wird auf dem Umweg über Aserbaidschan von russischem Gas erst recht wieder gestopft. Für Russland-Kenner Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck steht fest: “Aserbaidschan wird dieses Gas dann wohl an die EU verkaufen.”

Von der Leyen feierte das Abkommen mit Aserbaidschan als großen Erfolg

Aserbaidschan hat schon in der Vergangenheit hin und wieder Gas aus Russland importiert. Der Anlass für den neuerlichen Zukauf dürfte aber ein Vertrag sein, den das Land im Juli mit der EU geschlossen hat. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war zur Unterzeichnung eigens nach Aserbaidschan gereist und hat den Vertragsabschluss euphorisch als großen Erfolg gefeiert. So werde wieder Gas nach Europa geliefert werden, erklärte sie.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew (r.) und EU-Präsidentin Ursula von der Leyen bei der Unterzeichnungszeremonie in Baku am 18. Juli 2022. Die EU und Aserbaidschan beschlossen ein Abkommen zur Verdoppelung der Gasimporte nach Europa.APA/AFP/Aserbaidschanische Präsidentschaft/Foto von Handout

Vor dem Hintergrund der fast vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen in die EU soll Aserbaidschan seine Lieferungen nach Europa verdoppeln. Da kommt ihm das Gas aus Russland gerade gelegen.

Gazprom lieferte bereits vom 2000 bis 2006 sechs Jahre lang Gas an Aserbaidschan. Dann wurden die Lieferungen aufgrund der erhöhten Produktion aus dem Shah Deniz-Feld eingestellt. Sie wurden 2017 bis 2018 wieder aufgenommen, doch dann lehnte Aserbaidschan erneut russisches Gas ab.