“Wir müssen uns drauf einstellen, für längere Zeit eine höhere Inflation zu haben,” sagt der Inflationsexperte Josef Baumgartner im Gespräch mit der österreichischen Presseagentur APA. Ganz so hoch wie heuer oder im kommenden Jahr werde sie zwar nicht bleiben, aber auch für 2024/25 dürfte die Teuerung “noch immer relativ weit entfernt vom Inflationsziel der EZB – dieses liegt bei 2 Prozent – sein”.

Die Hauptursache, warum derzeit alles teurer wird, sind die steigenden Energiepreise aufgrund von hoher Nachfrage und ein zu geringes Angebot. Das ist insofern problematisch, “weil Energie ist de facto überall enthalten”, so Baumgartner. Für Unternehmen und Haushalte gibt es daher nicht nur direkte Preissteigerungen – die jeder in der eigenen Strom- und Gasrechnung spürt – sondern auch sehr viele indirekte Verteuerungen durch die Überwälzung dieser Kosten auf die Preise für Lebensmittel, Waren und Dienstleistungen.

Leitzins sollte noch stärker angehoben werden

Eine kurzfristigere Möglichkeit, der Inflation gegenzusteuern, ist es, die Leitzinsen anzuheben. Das tut die EZB seit Juli, nur binnen zwei Zinsschritten ist der Leitzins von Null auf 1,25 Prozent angehoben worden. Trotz des steilen Anstiegs ist aber noch Luft nach oben. Auch der deutsche Kollege von Baumgartner, Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser, geht davon aus, dass die Zentralbank ihren Leitzins bis auf 4 Prozent nach oben schrauben wird.

Auch Baumgartner sieht das Ende der Zinserhöhungen noch nicht erreicht. Allerdings stehe die Notenbank einer schwierigen Situation in Europa gegenüber. Denn um mit ihren Instrumenten gegen die hohen Energiepreise ankämpfen zu können, müsste sie die Zinsen sehr stark anheben, damit die Energienachfrage in der Wirtschaft weniger wird. Das bedeutet aber auch, dass weniger produziert wird, schafft also eine Rezession, mit der auch mehr Pleiten und höhere Arbeitslosigkeit einhergeht.

Preisbremse für Sprit ist schlechter Anreiz

Relevant ist auch, wie politisch von EU-Seite eingegriffen wird, um die Energiepreise zu dämpfen. Beim EU-Energieministertreffen am Freitag werden diverse Vorschläge diskutiert. Neben Energiesparplänen sind ein gemeinsamer Gaseinkauf, ein Höchstpreis für Gaseinkäufe aus Russland oder die Abschöpfung von Übergewinnen von Energieunternehmen im Gespräch. Genaue Pläne sollen bis Ende September stehen. Die Versorger beim Gaseinkauf zu unterstützen, damit diese die billigeren Preise dann an die Kunden weitergeben, ist aus Baumgartners Sicht jedenfalls ein gangbarer Weg. Von direkten Preiskontrollen – wie sie beispielsweise in Ungarn für Benzin eingesetzt wurden – hält er dagegen wenig als Maßnahme gegen die Inflation. Grund ist, dass dadurch die Anreize, weniger fossile Energie zu verbrauchen, reduziert und reichere Haushalte, die die Inflation auch alleine stemmen könnten, tendenziell stärker unterstützt würden als ärmere Haushalte. Vor allem über einen längeren Zeitraum hätte ein solcher Eingriff “sehr negative Auswirkungen auf das heimische Angebot, da die Produzenten in den Nachbarländern, wo es keine Preiskontrollen gibt, zu höheren Preisen verkaufen können”, so Baumgartner.

Auch ein Zurücknehmen der Sanktionen gegen Russland – wie es teils in der Politik vorgeschlagen wird – hätte aus Baumgartners Sicht keine Wirkung. Denn es sei sehr fraglich, ob Russland wirklich wieder mehr Gas liefern würde, wenn die Sanktionen zurückgenommen oder gelockert würden.