Mit Omikron ist eine neue Variante des Coronavirus auf dem Vormarsch, die laut Experten nochweit infektiöser als die aktuell dominante Delta-Mutation ist und schon bald das Infektionsgeschehen in Europa dominieren könnte. Besonders gefährlich macht Omikron aber die Tatsache, dass sie offenbar in der Lage ist, die bislang verfügbaren Impfstoffe auszuhebeln und ihre Wirkung komplett zu umgehen. Sprich: Wer bereits immunisiert ist, ist trotzdem nicht vor einer Infektion mit dieser Covid-Mutation gefeit.

Diese neuen, ernüchternden Erkenntnisse werfen zu Recht sowohl bei Geimpften als auch bei ungeimpften Personen viele Fragen auf. Der eXXpress hat Fakten gesammelt, um Licht ins Omikron-Dunkel zu bringen.

1. Sollte ich mich jetzt überhaupt noch impfen lassen?

Ja! Denn aktuell dominiert die Delta-Variante nach wie vor das Infektionsgeschehen in Österreich und ganz Europa, und gegen diese Mutation bieten die verfügbaren Impfungen bewiesenermaßen nicht nur einen guten Schutz vor einer Infektion, sondern auch vor schweren Verläufen. Impfdurchbrüche sind zwar nicht ausgeschlossen, dennoch ist das Jaukerl nach wie vor das wichtigste und nachhaltigste Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

Die Impfung ist außerdem auch ein Schutzschild gegen Omikron – er biete lediglich nur ein weniger starke. Auch hier bietet die Impfung einen gewissen Schutz. Die Untersuchungen der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek zeigen lediglich, dass eine zweifache Impfung möglicherweise nicht ausreicht, die Variante unschädlich zu machen – nicht aber, dass die Impfung gegen Omikron nutzlos sein könnte. Sie rät zur Booster-Impfung, weil die durch die Zweifach-Impfung gebildeten Antikörper eventuell nicht ausreichen könnten, um die neue Variante nicht neutralisieren.

Cieseks Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Personen, welche zweimal mit Biontech, zweimal mit Moderna oder mit Astrazeneca und Biontech kreuzgeimpft sind, sechs Monate nach dem zweiten Stich keinerlei Immunschutz durch die Antikörper mehr gegen die neue Variante aufweisen. Das bedeutet, dass die Impfung dann nicht mehr vor Ansteckung schützt – nicht aber, dass kein Schutz gegen Erkrankung besteht. Denn eine Immunantwort setzt sich aus vielen zellulären Komponenten zusammen und beruht nicht nur auf Antikörpern, so Ciesek.

2. Brauche ich eine Booster-Impfung?

Ja! Wie bereits in der obigen Antwort erläutert, ist eine Booster-Impfung laut Ciesek dringend zu empfehlen, da die Schutzwirkung nach der vollständigen Impfung (zwei Dosen) gegen Delta nachlässt. Der ideale Zeitpunkt für den dritten Stich ist spätestens sechs Monate nach dem Zweitstich gekommen. Und: Im Kampf gegen Omikron bietet die Drittimpfung ebenfalls einen besseren Schutz als die doppelte Impfung.

Nicht nur Ciesek hat Zahlen und Fakten gesammelt, welche belegen, dass der dritte Stich ein essentieller Faktor im andauernden Kampf gegen die Pandemie ist. Auch der Hersteller Biontech/Pfizer veröffentlichte mittlerweile Daten aus eigenen Studien dazu. Sie zeigen ebenfalls, dass eine zweifache Impfung weniger schützt als eine dreifache. Die neutralisierenden Antikörpertiter gegen Omikron waren bei der Drittimpfung im Vergleich zur Zweitimpfung um das 25-Fache erhöht.

Gestützt werden diese Erkenntnisse zudem vom deutschen Top-Virologen und Corona-Experten Christian Drosten betont bezüglich der Ergebnisse, die Ciesek veröffentlicht hat, die Bedeutung der Booster-Impfung in einer Twittermitteilung. “Der reale Immunitätsverlust ist viel geringer. Im Moment ist die Dreifachimpfung der beste Schutz.” Drosten rät daher: “Nicht warten, sondern boostern.“

3. Kann auch an Omikron erkranken, wenn ich geimpft bin?

Nach aktuellem Wissensstand lässt sich noch nicht eindeutig beantworten, ob eine Impfung plus Booster auch vor einem schweren Verlauf schützt. Auch Sandra Ciesek betonte, dass dies aus ihrer Auswertung, nicht herauszulesen sei. Eine Immunantwort besteht aus vielen Facetten und ist so individuell wie der Mensch, dessen Körper die Immunantwort gibt.

Experten befürchten aber, dass Omikron zu noch mehr Durchbruchsinfektionen als Delta führen könnte. Das heißt, dass Geimpfte sich infizieren und auch Symptome entwickeln. Das muss aber nicht zwangsläufig auch zu mehr schweren Verläufen führen. “Da dieser Schutz nicht nur auf den Antikörpern beruht, gehe ich aktuell davon aus, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung auch bei Omikron noch vergleichsweise hoch ist“, erklärt beispielsweise der Immunologe Carsten Walzl in einem Interview mit der deutschen “Welt”. Das könne auch erklären, warum man in Südafrika eher milde Verläufe sehe. Allerdings könnte das auch daran liegen, dass ein Großteil der Infizierten in Südafrika noch jung ist.

4. Soll ich auf einen für Omikron angepassten Impfstoff warten?

Nein. Dass die Impfstoffe möglicherweise irgendwann auf neue Varianten angepasst werden müssen, ist keine neue Erwartungshaltung. Schon Ende November erklärte Moderna-Chef Stéphane Bancel, dass er von einer erheblichen Abnahme der Schutzwirkung in Bezug auf Omikron ausgehe. Auch der Biontech/Chef Ugur Sahin äußerte sich ähnlich, obwohl er glaubt, dass der Impfstoff auch bei Omikron gegen schwere Verläufe schützt.

Aufgrund der neuen Daten will Biontech/Pfizer die Entwicklung eines auf Omikron angepassten Impfstoffs weiter vorantreiben. Nach Angaben des Unternehmens soll dieser bis Ende März bereitgestellt werden. Allerdings nur “sofern eine Anpassung des Impfstoffs für einen höheren sowie langanhaltenderen Schutz notwendig sein sollte”, schrieb der Hersteller in einer offiziellen Mitteilung am Dienstag.

“Wenn Omikron die Delta-Variante weltweit komplett verdrängt, werden die aktuellen Impfstoffe alle durch neue Versionen ersetzt werden müssen“, ist auch Watzl überzeugt. Das ginge bei mRNA-Impfstoffen vergleichsweise schnell, bei den anderen Impfstoffen könne es aber deutlich länger dauern. Nicht zuletzt sollte niemand warten, bis diese Impfstoffe verfügbar sind: Geimpfte sollten sich boostern und Umgeimpfte schnell impfen lassen, empfiehlt er.