Die um sich greifende Energiekrise scheint den Optimismus von OMV-Chef Alfred Stern (57) nicht zu dämpfen. Obwohl viele Länder Europas wegen der Gasknappheit stöhnen, gibt sich Stern in einem Interview mit der deutschen Zeitung WELT zum Thema Energiesicherheit zuversichtlich. Was die ÖMV betrifft, seien die Hausaufgaben jedenfalls erledigt worden. So habe das Unternehmen dank seiner eigenen Gasfelder in Norwegen und neuer Gaslieferungen aus Italien den Wegfall von russischem Gas kompensieren können. Stern dazu wörtlich: „Österreich verbraucht rund 90 Terawattstunden pro Jahr. Die OMV hat davon Lieferverpflichtungen von 40 Terawattstunden. Zumindest die OMV hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir in Österreich unsere Lieferverpflichtungen zu 100 Prozent aus nicht-russischen Quellen beliefern können.“

Wie lange die Gasvorräte in Österreich halten, hänge von der Härte des Winters ab

Im Hinblick auf den Füllstand der österreichischen Gasspeicher, erklärte der OMV-Chef: „In Österreich gibt es besonders große Speicherkapazitäten. Mit diesen unterirdischen Speichern könnte man einen Jahresbedarf des Landes an Gas abdecken. Diese Speicher betreiben vier Unternehmen. Die OMV besitzt rund ein Viertel davon, und wir haben dieses Viertel der Speicher gerade zu über 95 Prozent gefüllt. Damit kommen wir also eine Zeitlang sehr gut zurecht. Wie lange genau, hängt auch vom Wetter im Winter ab.“ Weil die Situation in Russland „über lange Zeit schwierig bleiben wird“, müssten Österreich und Europa neue Energieträger als Alternative zu Erdgas erschließen, so Stern weiter. Wie er sagte, will die OMV ihre Investitionen in die Öl- und Gasproduktion (zurzeit 1,6 Milliarden Euro pro Jahr) nach und nach zurückfahren und zugleich neue Technologien entwickeln.

Die Investitionen in die Öl- und Gasproduktion sollen stetig zurückgeschraubt werdenAPA

Geothermie dürfte wohl die Energiequelle der Zukunft sein

Zur neuen Strategie der OMV gehöre eindeutig die Entwicklung „nachhaltiger Kraftstoffe und Materialien“, sagte Stern. So habe das Unternehmen „ein nachhaltiges Flugkerosin entwickelt, das maßgeblich aus altem – das heißt also bereits benutztem – Speiseöl besteht und zu 80 Prozent CO₂-Reduktion führt. Insgesamt wird die OMV von einem Öl- und Gaskonzern zu einem Konzern umgestaltet, der „auf Recycling und Kreislaufwirtschaft“ setzt, so der OMV-Chef. Besonders große Hoffnungen setzt er in die Geothermie. Dabei werde bis zu 4000 Meter ins Erdinnere gebohrt, wo sich bis zu 160 Grad heißes Wasser befinde. Dieses Wasser könne man für Fern- und Nahwärme und sogar für die Stromerzeugung verwenden. Im Weinviertel, so Stern, macht die OMV bereits die erste Probebohrung. Er sei „absolut überzeugt“, dass diese einen ähnlichen Durchbruch schaffen werde wie etwa die Elektromobilität in den vergangenen Jahren. Wenn es dann so weit ist, „könnte man Wien mit Geothermie heizen“, so der OMV-Chef.