Die Ermittlungen der Grazer Staatsanwaltschaft gegen mutmaßliche Muslimbrüder stünden auf wackligen Beinen, hieß es Anfang Mai in mehreren Medien. Ein halbes Jahr, nachdem im Rahmen der „Operation Luxor“ 60 Hausdurchsuchungen stattgefunden haben, seien die Sachverständigen, auf deren Gutachten sich die Operation stützte, abbestellt worden. Schon damals bezeichnete die Staatsanwaltschaft Graz diese Behauptung gegenüber dem eXXpress als „eklatant wahrheitswidrig“. Jetzt ist die mittlerweile zigfach gestreute Falschmeldung endgültig widerlegt worden.

Heinisch und Scholz bleiben Gutachter

Das Grazer Straflandesgericht hat – wie der eXXpress nun erfahren hat – die Politikwissenschaftlerin Nina Scholz und den Historiker Heiko Heinisch als Sachverständige in dem laufenden Verfahren gegen mutmaßliche Muslimbrüder bestätigt. Die Rechtsanwälte der Verdächtigten hatten zuvor Befangenheitsanträge gegen beide Wissenschaftler gestellt und ihnen überdies mangelnde Qualifikation unterstellt. Nun ist klar: Die Anträge blieben erfolglos, das Gericht hat sie zurückgewiesen. Sollten die laufenden Ermittlungen in einer Anklage und einem Prozess münden, würden Scholz und Heinisch vom Gericht weiterhin als Gutachter herangezogen werden.

Falscher Zeitungsbericht sorgte für Verwirrung

Heinisch und Scholz arbeiteten bisher unter anderem als Mitarbeiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Historische Sozialwissenschaft in Wien und forschen über Antisemitismus, Nationalsozialismus und politischen Islam. Auf ihr Gutachten hatten sich die Hausdurchsuchungen am 9. November 2020 gestützt. Als die Anwälte der Verdächtigten im April eine Beschwerde gegen die beiden Wissenschaftler einreichten, reagierte das Grazer Gericht mit einem Schreiben, in dem es der Staatsanwaltschaft Graz die Kompetenz entzog, Gutachter zu bestellen. Dies wurde von einer Tageszeitung dann fälschlicherweise als Entscheidung des Gerichts zugunsten der Rechtsanwälte gedeutet.

Gutachter waren zu keinem Zeitpunkt abbestellt worden

Hansjörg Bacher, Leiter der Medienstelle der Grazer Staatsanwaltschaft, widersprach: „Es gibt noch keine Entscheidung des Gerichts dazu“, erklärte er damals gegenüber dem eXXpress. Bei dem Schreiben handle es sich um einen Formalakt. Diese Kompetenzübertragung geschehe bei jeder Beschwerde eines Beschuldigten, noch bevor das Gericht überhaupt eine Entscheidung fällt.

Das Gutachter-Duo war also zu keinem Zeitpunkt abbestellt worden. Dennoch machte die Meldung anschließend die Runde in der Öffentlichkeit. Der Islamophobie-Forscher Fariz Hafez – einer der Verdächtigen – jubelte: Seine laut eigenen Angaben „ca. 1000-seitige Stellungnahme zu dem Gutachterpaar“ sei erfolgreich gewesen: „Das Werk ist gelungen“. Nun sei „ein neuer Sachverständiger zu bestellen.“ Selbst nach der Klarstellung durch den eXXpress wurde die Falschmeldung weiterhin verbreitet, etwa von einer Kleinpartei:

Die Abweisung der Beschwerde erfolgte nun vor wenigen Tagen. Der Historiker Heiko Heinisch ist bis heute verwundert, wie er gegenüber dem eXXpress unterstreicht. Ausgehend von dem falschen Bericht in einer Tageszeitung „haben weitere Medien und eine Reihe von Personen auf Facebook und Twitter die Falschmeldung aufgegriffen. Dieser Artikel führte natürlich zu einigen irritierten Nachfragen. Die Zeitung hatte außerdem behauptet, wir seien mit dem Staatsanwalt per du, was sie in einer Gegendarstellung richtig stellen mussten. Warum hier unüberprüft rufschädigende Behauptungen in die Welt gesetzt wurden, ist mir nicht klar. Über die dadurch entstandenen Nachteile möchte ich vor allem deswegen nichts sagen, weil diese Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sein werden.“

Mehrfach hätte Heinisch gemeinsam mit seiner Kollegin Nina Scholz darüber aufklären müssen, „dass immer dann, wenn Einsprüche von Beschuldigten in einem Verfahren gegen die Sachverständigen erhoben werden, ein Rechtsautomatismus nach Paragraph 126 Abs. 5 ausgelöst wird, durch den die Angelegenheit an das zuständige Gericht geht, womit jedoch noch keine Entscheidung verbunden ist.“ Dabei wäre das leicht vor der Berichterstattung feststellbar gewesen: „Mit uns wurde leider vor der Veröffentlichung kein Kontakt seitens dieser Tageszeitung aufgenommen und uns somit keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.“