650 Millionen Euro kassiert der ORF pro Jahr von seinen Zwangsgebühren-Zahlen – und blamiert sich mit einer unterirdischer Tonqualität bei dem ersten TV-Interview mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP): In einer Art “Echokammer” wollte der “ZiB2”-Mitarbeiter Armin Wolf den neuen Kanzler aufs Glatteis führen – etwa mit einer Einschätzung der FPÖ, ob diese sich noch im “Verfassungsbogen” befinde oder, ob die FPÖ eine “regierungsfähige Partei” sein. Dazu Nehammers eindeutige Antwort zur Regierungsfähigkeit: “Nein, sicher nicht.”

Und auch die Zwischenrufe der puls4-Politikredakteurin Corinna Milborn verhallen aufgrund des schlechten Tons im Marmorsaal.

"Hacker haben längst alle ÖVP-Daten"

Auch zur Radikalisierung in der Sprache der Politik wurde Nehammer befragt: Nehammers Parteikollegin Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, hatte zuletzt FPÖ-Chef Herbert Kickl „Blut an den Händen“ vorgeworfen. Er habe auch mit Köstinger darüber gesprochen, teilte Nehammer die Aussage sichtlich nicht. Man müsse in der Sprache, vor allem derzeit, sorgfältig sein.

Zum “Beschuldigten”-Status der ganzen Partei, der ÖVP, angesprochen, konterte Nehammer: “Wir hatten einen Hackerangriff in der ÖVP. Alle Daten, alle, wurden abgesaugt. Es gibt nichts, was die ÖVP verbergen könnte.” Und außerdem gelte in einem Rechtsstaat die Unschuldsvermutung.

Keinerlei Fragen zur Außenpolitik

Karl Nehammer (ÖVP) argumentierte, weshalb das gebrochene Lockdown-Versprechen nötig war, und weshalb er weitere Lockdowns nicht ausschließt. Der neue Kanzler machte Werbung für die Corona-Impfungen und erklärt, warum die türkis-grüne Bundesregierung eine CoV-Impfpflicht verhängte. Am Ende ging er auf die Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP ein, die in einem U-Ausschuss behandelt werden.

Bei der Frage nach Engelbert Dollfuß lässt der neue Kanzler Wolf abblitzen: “Ich tu mir gar nicht schwer, das Austrofaschismus zu nennen. Demokratie ist stärker wie jede Diktatur. Dieser Raum ist der Ausdruck einer demokratischen Republik, ein Symbol des Triumphs der Demokratie.”

Karl Nehammer, ORF-Moderator Armin Wolf und Corinna Milborn (puls4)

Auffallend in diesem Interview: Die beiden fragenden Journalisten ließen jede Frage zur künftigen Positionierung Österreichs in der internationalen Politik weg, die Außenpolitik war einfach kein Thema. Keine Frage zu den Beziehungen Deutschlands, keine Frage zu der in Deutschland beschlossenen Energiewende, keine Frage zu Österreichs Nachbarn Ungarn oder zu Viktor Orban. Stattdessen wurde über alte, längst bekannte Chats nachgefragt.

Im Kanzleramt: Interview mit Karl Nehammer

Auch im Interview wurde die Positionierung der FPÖ diskutiert. Ist die FPÖ so regierungsfähig?