Mit viel Geld, aber ohne Sitzfleisch zum “Magister” oder “Doktor” – das wurde in Österreich eigentlich per Gesetz verboten. Seit 1. Oktober ist der Ghostwriting-Paragraph des Universitätsgesetzes in Kraft. Wer Ghostwriting für angehende Akademiker übernimmt oder es auch nur anbietet, dem winken seither kräftige Geldstrafen von bis zu 60.000 Euro. Doch einige Agenturen scheinen das neue Gesetz nicht sonderlich ernst zu nehmen, möglicherweise weil sie nach wie vor viel Geld verdienen mit dem Erschleichen akademischer Abschlüsse. Das hat Plagiatsjäger Stefan Weber nun aufgedeckt.

Plagiatsjäger Stefan Weber.Joachim Bergauer

Auf dem Weg zum "Dr." – ohne Forschung und Schreibarbeit

Weber hat ein “kleines sozialwissenschaftliches Experiment gewagt”, wie er auf seinem Blog berichtet, und hat sich dabei die fiktive Identität eines Tiroler Master-Absolventen angeeignet. Dieser möchte in Österreich eine Doktorarbeit schreiben, allerdings ohne dabei auch nur einen Finger zu rühren. Charlie Holzbauer, MA – so der Name des erfundenen Studenten – wollte mit einer wissenschaftlichen Arbeit über die Distinktionstheorie des deutschen Soziologen Rodrigo Jokisch zum Doktor werden, ohne sicih aber die Mühe zu machen, den 150 Seiten langen Theorieteil der Dissertation zu verfassen.

Stefan Weber alias Charlie Holzbauer hat also zehn Agenturen und Privatpersonen kontaktiert. Und siehe: Sechs davon erklärten sich bereit, als Ghostwriter zu fungieren. Von diesen sechs wurden drei wiederum finanziell sehr konkret.

Ein dritter Ghostwriter bot seine Dienstleistung weit günstiger an: “Preislich würden wir […] bei 3.300 € (bei reiner Texterstellung) liegen.” Und: “Wir schreiben den Text in korrekter Zitierweise etc.” Nur zwei Agenturen verwiesen in ihren Antworten auf die neue Gesetzeslage. “Sehr gerne würden wir Ihnen helfen, doch ist dies in Österreich leider seit dem 1. Oktober nicht mehr erlaubt”, steht in einer Antwort etwa.

Eigentlich wollte die türkis-grüne Regierung mit dem neuen Paragraphen dem Wildwuchs an Agenturen, die in den vergangenen Jahren mit Ghostwriting-Angeboten viel Geld verdienten, ein Ende bereiten. Fast risikolos konnten Agenturen ihr Ghostwriting-Service anbieten. “Wir garantieren dir 100% Diskretion und Zuverlässigkeit.” So oder so ähnlich lauteten die Einladungen. Das Geschäft blühte. Die Regierung wollte dem florierenden Markt für Abschlussarbeiten ein Ende bereiten. Nur ist das bei den Betroffenen anscheinend noch nicht wirklich angekommen.

Das Ghostwriting-Geschäft zeigt sich bis jetzt unbeeindruckt

“Das Ghostwriting-Business scheint bislang vom neuen österreichischen Anti-Ghostwriting-Paragraphen relativ wenig beeindruckt zu sein”, kommentiert Weber, der nun aktiv werden möchte: “Wenn ich mal Zeit habe, werde ich die alle anzeigen. Denn im Gesetz steht ja klar und deutlich: ‘Ebenso ist zu bestrafen, wer unter den in Abs. 1 genannten Umständen öffentlich anbietet, ein solches Werk für eine andere Person herzustellen oder einer anderen Person zur Verfügung zu stellen.'” Mit Stichtag 25. November 2021 gibt es solche Anbieter noch immer zuhauf – noch.

Für Weber steht zumindest eines fest: “Wer finanziell gut bestückt ist, muss auch weiterhin keine Zeile selbst schreiben.”