Die Einigkeit in der NATO und in der EU ist gar nicht so groß, unterstreicht Polit-Experte Ralph Schöllhammer (Webster University) im Gespräch mit eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt. Dabei nimmt er Bezug auf die vergangenen zwei Tage, an denen es zu mehreren Besuchen des ukrainischen Präsidenten , als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zunächst in London den britischen Premier Rishi Sunak, danach den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Kanzler Olaf Scholz in Paris getroffen hat, bevor er nach Brüssel zum EU-Parlament gereist ist.

Dass der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban als einziger Staatschef gar nicht applaudiert hat, liege unter anderem an den Zwangsrekrutierungen bei der ungarischen Minderheit in der Ukraine, die in Budapest gar nicht gut ankommen. Darüber hinaus möchte Ungarn nicht in einen Konflikt hineingezogen werden, der für das Land höchst problematisch ist. Wie Schöllhammer unterstreicht, ist Orban allerdings gar nicht so allein, mit seiner Haltung.

Berlin hofft wieder auf normale Geschäftsbeziehungen zu Russland

Auch andere Staaten haben die Sanktionen gegen Russland umgangen, wenn auch weniger lautstark. Die Flüssiggas-Transporte aus Russland nach Spanien sind im vergangenen Jahr etwa um 45 Prozent angestiegen. Auch die Niederlande, Tschechien unter andere sind die Sanktionen teils umgangen.

Unterschiedlich ist auch die Perspektive der Staaten. Einige hoffen, langfristig wieder auf eine Geschäftsbasis mit Russland zu kommen. Bundeskanzler Scholz hat das im vergangenen Jahr sogar explizit gesagt.

Macron wollte Selenskyj ursprünglich nicht empfangen

Dass die Haltung zu Selenskyj je nach Land anders ist, zeigte auch der Besuch Selenskyjs in Paris. Ursprünglich wollte Macron Selenskyj gar nicht empfangen. Doch nachdem der ukrainische Präsident dann extra nach London gereist ist, wollte ihn Frankreich nicht links liegen lassen. Also wurde noch ein Abendtermin mit ihm eingebaut. Scholz ist zu Macron nachgeflogen, was in Deutschland gar nicht gut ankam.

Kritisch sieht Schöllhammer auch die großen Erwartungshaltungen auf Seiten der EU für die Ukraine. In diplomatischen Kreisen mahnt man zur Vorsicht, berichtet er. Einen beschleunigten EU-Betritt wird es nicht geben.