Angst vor freier Presse? Berlin verbietet regierungskritischen Tweet von Nius-Journalist Julian Reichelt
Zensur? Dass Deutschland seit Machtergreifung der Taliban 371 Millionen Euro Entwicklungshilfe an Afghanistan finanziert hat, kritisierte der Journalist Julian Reichelt auf X (Twitter). Die SPD-Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit ging dagegen gerichtlich vor – mit Erfolg. Vom „Ende der Pressefreiheit“ warnt nun Reichelt.
Das Kammergericht in Deutschland hat einen Tweet des bekannten Journalisten Reichelt vom Online-Medium Nius verboten. Reichelts Anwalt Joachim Steinhöfel ist empört. „Wir haben eine Regierung, die Angst vor einem Journalisten und vor dessen Meinung hat.“ Die Begründung für das Verbot war: Der Tweet sei geeignet „das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der BRD…und deren Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen“.
Das Kammergericht hat heute diesen Tweet von @jreichelt verboten, da er geeignet sei "das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der BRD...und deren Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen". Wir haben eine Regierung, die Angst vor einem Journalisten und vor dessen Meinung hat. pic.twitter.com/xAy43xEjI4
— Steinhoefel (@Steinhoefel) November 15, 2023
Der ehemalige „Bild“-Chef Julian Reichelt hatte sich auf X (Twitter) über Zahlungen der Bundesrepublik an Afghanistan beschwert. Dazu hatte er einen Nius-Bericht mit dem Titel „Deutschland zahlt wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan“ geteilt. „Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan vor zwei Jahren hat die Bundesregierung 371 Millionen Euro für Entwicklungshilfe im Land bereitgestellt“, hieß es darin. Reichelt kommentierte: „Wir leben im Irrenhaus“, und prangerte die „Entwicklungshilfe an die Taliban“ an.
Ministerium: Geld fließt über Weltbank, UNO, NGOs
Daraufhin schaltete sich Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ein und ging gerichtlich gegen den Journalisten vor. Das Ministerium argumentierte. Es fließe kein Geld an die Taliban, sondern man unterstütze die afghanische Bevölkerung ausschließlich regierungsfern über die Weltbank, UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, berichtete die FAZ.
Reichelts Anwalt Joachim Steinhöfel sprach damals von „Einschüchterung“ und unterstrich die Meinungsfreiheit des Journalisten. Aufgrund der jüngsten Entscheidung des Kammergerichts twitterte Reichelt: „Wir erleben das Ende der Pressefreiheit vor unseren Augen.“
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