Zunehmende Frauenmorde: Herr Bundespräsident, mit Verlaub, das ist falsch!
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte anlässlich des Frauentages zum Thema Gewalt gegen weibliche Opfer in Österreich: “Es sind keine Beziehungsdramen, es sind Morde. Eine gestiegene Rate an Femiziden heißt: Immer mehr Männer ermorden immer mehr Frauen.” Doch das ist falsch.
Der Bundespräsident sagte in seiner Rede anlässlich der Veranstaltung “Mut.Macht.Veränderung”: “Frauenmorde sind ein Männerthema”. Das ist richtig, doch dann wird‘s schwierig: “Es gibt den Trend, dass junge Frauen sich für die U-Bahn-Fahrt übergroße T-Shirts über ihr Outfit anziehen, um obszöne Witze, Berührungen und Übergriffe zur vermeiden”, sagte er.
Diesbezügliche Wahrnehmungen und Meldungen in sozialen Netzwerken sind alt, einen Trend gibt es nicht, doch möglicherweise Einzelfälle. Die könnten allerdings das Resultat von Narrativen sein, die trotz permanenter Wiederholung nicht wahrer werden und die der Bundespräsident in seiner Rede selbst bediente. Ein Schritt um etwas beim Thema Gewalt gegen Frauen zu ändern, sei auch, die Dinge beim Namen zu nennen, formulierte Van der Bellen: “Es sind keine Beziehungsdramen, es sind Morde. Eine gestiegene Rate an Femiziden heißt: “Immer mehr Männer ermorden immer mehr Frauen.”
Zahl der Femizide ist nicht gestiegen
“Es sind keine Beziehungsdramen, es sind Morde”, sagte das Staatsoberhaupt. Bei 75 Prozent aller Femizide in Österreich – also Morde an Frauen, weil sie Frauen sind – handelt es sich um Beziehungstaten. Sie werden von Tätern aus dem engsten Umfeld der Opfer begangen – von Ehemännern, Lebensgefährten, Ex-Freunden. Wogegen sich der Bundespräsident offenbar in seinem Hinweis aussprechen wollte, ist eine mutmaßliche Verharmlosung eines Frauenmordes durch Umschreibung als “Beziehungsdrama”. Aber natürlich schließt das eine das andere nicht aus.
“Eine gestiegene Rate an Femiziden heißt: Immer mehr Männer ermorden immer mehr Frauen”, so Van der Bellen. Tatsächlich wurden 39 Frauen im Jahr 2022 in Österreich laut Statistik des Innenministeriums ermordet. Im vergangenen Jahr waren es 28. Und auch im Vergleich zu den Jahren davor, erschließt sich die Aussage des Bundespräsidenten nicht. Zwischen 28 und 41 Frauen wurden von 2016 bis 2022 ermordet. Damit wurden konstant etwas mehr Frauen als Männer getötet, nämlich zwischen 54 und 58 Prozent. Nur im Jahr 2021 lag der Anteil bei 66,67 Prozent.
Fakt ist aber: Im vergangenen Jahr wurden so wenige Frauen wie zuletzt 2016 ermordet. Eine gestiegene Femizidrate existiert nicht.
Österreich ist nicht das "Land der Femizide"
So gilt Österreich mittlerweile als “Land der Femizide”, weil nirgends so viele Frauen getötet werden. Falsch, bei Frauenmorden liegt Österreich gemessen an Verbrechen pro 100.000 Einwohnern “nur” im Mittelfeld. Die “hohe Frauenquote” liegt ausschließlich daran, dass die “Männerquote” so niedrig ist. Bei Morden an Männern gehört Österreich zu den Schlusslichtern.
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