Azovstal: Gefangene werden auf Nazi-Tattoos untersucht
Mariupol ist Heimatstadt des Asow-Regiments, dessen Kämpfer jahrelang als “Neonazis” galten. Zwar sollen sie sich von ihren Wurzeln gelöst haben, doch nun finden russische Soldaten bei Gefangenen unzweideutige Symbole. Was weniger in die Kreml-Propaganda passt: Neonazis kämpfen auch auf russischer Seite.
Tätowierungen sind in der Ukraine beliebt. Seit der Invasion am 24. Februar hat eine neue Welle das Land erfasst. Die meisten Ukrainer stellen mit patriotischen Abbildungen ihre Solidarität mit den Soldaten zur Schau, auch Tattoos mit Putins Gesicht, das zur Hälfte aussieht wie Adolf Hitler, sind gerade in Mode. Ganz andere Symbole sind beim Asow-Regiment in Mariupol verbreitet, wie nun die russischen Besatzer aufgedeckt haben.
SS-Totenkopf und Hakenkreuz
Zurzeit werden die gefangenen genommenen Kämpfer in Mariupol auf Nazi-Tattoos untersucht – durchaus mit Erfolg. Auf Rücken, Unterarmen, Genick, Beinen oder Bauch der Häftlinge machen die russischen Soldaten Hakenkreuze, SS-Totenköpfe und andere NS-Symbole ausfindig, wie ein neues Video zeigt.
Der “Ermittlungserfolg” kommt für die Russen nicht von ungefähr. Die ukrainische Hafenstadt Mariupol ist die Heimatstadt des Asow-Regiments, und dessen Kämpfer galten tatsächlich jahrelang als “Neonazis”. Das liegt an ihren Ursprüngen. Die Einheit wurde 2014 nach Beginn des Ostukraine-Konflikts unter anderem vom Rechtsextremisten Andrij Bilezkyj gegründet. Einige Zeitlang hat das Regiment sogar die Wolfsangel – ein Symbol der SS-Einheiten – offiziell als Abzeichen verwendet.
"Entideologisiert" – doch zweifelhafte Symbole bleiben
Dem Osteuropa-Experten Andreas Umland zufolge hat sich das ehemalige Freiwilligenbataillon mittlerweile “entideologisiert und zu einer normalen Kampfeinheit unter dem Kommando des ukrainischen Verteidigungsministeriums entwickelt”. Von der Wolfsangel hat sich das Asow-Bataillon allerdings bis heute nicht getrennt – und auch nicht von einigen Tattoos, wie sich nun zeigt.
Für den Kreml lässt sich das trefflich für die eigenen Propaganda ausschlachten. Schließlich bezeichnet Putin ja seine “spezielle Militäroperation” als “Entnazifizierungskampagne”. Zurzeit konzentriert sich Russlands Politik ganz auf die Evakuierung der Kämpfer aus dem Stahlwerk in Mariupol. Ein Prozess gegen die gefangen genommenen Asow-Kämpfer sollen nun geplant sein. Das dürfte sich in Russland durchaus als Erfolg verkaufen lassen, ebenso wie die entdeckten Nazi-Symbolen. Mittlerweile benötigt der Kreml dringend einen Erfolg.
Russische Rechtsextreme beteiligen sich an Russlands Invasion
Was weniger in die russische Propaganda passt: Dem deutschen Bundesnachrichtendienst BND zufolge haben sich sämtliche russische Rechtsextreme und Neonazis Putins Angriff auf die Ukraine angeschlossen. Das geht aus einem vertraulichen BND-Bericht hervor, wie der “Spiegel” berichtet. Demnach kämpfen mit der “Russian Imperial League” (RIL) und der Gruppe “Rusich” “wenigstens zwei Gruppen mit rechtsextremistischer Gesinnung” gegen die ukrainische Armee. Die Zusammenarbeit mit diesen Gruppierungen führe “den vorgeblichen Kriegsgrund der sogenannten ›Entnazifizierung‹ der Ukraine ad absurdum”, schreiben die Analysten.
Die RIL ist der paramilitärische Arm der rechtsextremen Vereinigung “Russian Imperial Movements”. Bereits in den Jahren 2014 und 2015 hat die Gruppe auf russischer Seite im ukrainischen Donbass gekämpft. Nun soll der Stellvertreter von RIL-Chef Denis Gariejew bei Kämpfen in der Ukraine ums Leben gekommen sein. Garijew selbst sei verletzt ausgeflogen worden, mindestens zwei weitere Rechtsextreme seien schwer verwundet worden.
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