„Bericht zur Lage der Jugend“ - Heinzlmaier: Selbsterhaltung statt Selbstentfaltung
Der Jugend liegt vor allem die Gesundheit am Herzen – und sie ist viel weltoffener als die älteren Generationen. Das sagte Jugendforscher und eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier bei der Vorstellung des neuen “Berichts zur Lage der Jugend” an der Seite von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP).
Der Jugendforscher und eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier, der im Auftrag von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) die Situation der Jugend umfassend analysiert hat, sieht heute eine Zeit der “Selbsterhaltung” anbrechen – im Gegensatz zum bisherigen Trend der entfesselten “Selbstentfaltung”.
Bei der Präsentation des “Berichts zur Lage der Jugend” erklärte Heinzlmaier, dass es eine “Tendenz zur Gemeinschaftlichkeit” gebe. Das bedeute unter anderem, dass die Jugend verstärkt auf dem Land leben wolle. Dort gebe es in ihren Augen eben nicht nur eine intakte Gemeinschaft, sondern auch mehr Sicherheit und eine “saubere, gesunde Natur”. Apropos Gesundheit: Laut dem Jugendforscher ist dieses Thema bei den Jugendlichen besonders hoch im Kurs.
Seit Corona werde im Kreis der jungen Menschen viel über den eigenen Körper nachgedacht, Ernährung und Bewegung seien deshalb besonders wichtig. Dieses “hochgradige” Gesundheitsbewusstsein wird sich langfristig auch auf das heimische Gesundheitssystem auswirken, so Heinzlmaier.
Was neben dem Gesundheits-Trend laut Heinzlmaier aber noch ins Auge fällt, ist eine wachsende Zurückhaltung beim Kinderkriegen. Die heutige Welt werde von vielen junge Menschen als unwirtlich wahrgenommen. Deshalb stehe auch das Thema Klima bei den Jugendlichen weit oben – im Gegensatz zu den Babyboomern etwa, bei denen der Klimawandel kaum einen Stellenwert habe.
Die Jugend von heute ist gegenüber der eigenen Familie sehr anhänglich
Heinzlmaier erklärte, dass die Jugend insgesamt durchaus konservativ eingestellt sei. Die Familie sei für die Jugendlichen sehr wichtig. So gebe es im Kreis junger Menschen eine starke Elternbindung. Für viele Jugendliche seien heute die Eltern, – zuerst die Mutter, dann die Vater und Geschwister – die größten Vorbilder. Außerdem: Bei der Jugend herrsche ein ausgeprägtes Österreich-Bewusstsein. Heinzlmaier: “80 Prozent sind stolz darauf, Österreicher zu sein.” Die Mehrheit will denn auch in Österreich arbeiten.
Der Jugendforscher machte auch darauf aufmerksam, dass viele Jugendliche einer “Schweigespirale” unterliegen. Das heißt, dass sie von breit und lautstark geäußerten Mainstream-Meinungen oft eingeschüchtert sind – und mit ihrer echten Meinung deshalb hinterm Berg halten.
Wegen dieser “hegemonialen Meinungen” in der Gesellschaft – die von Zeit zu Zeit variieren würden – sagten mehr als 70 Prozent der Jugendlichen nicht, was sie denken, vielmehr würden sie sich in Gesellschaft zu bestimmten Themen “taktisch” und “pragmatisch” äußern. Zu diesen zählte Heinzlmaier Migration und Asyl, LGBTQ und den Islam.
Staat wird sowohl bei Jungen als auch bei Alten inzwischen als "ein- und durchgreifend" wahrgenommen
Was die Migration angeht, ist die Jugend aber viel “liberaler” als die älteren Generationen, so Heinzlmaier. Bei Menschen über 60 stehen bei den “angstbesetzten Themen” Migration und Zuwanderung weit oben. Ganz oben steht indes das Thema Teuerung. Dementsprechend groß sei auch die Konsumzurückhaltung. Insgesamt sieht der Jugendforscher einen “großen Kontrast” zwischen den Jugendlichen und älteren Generationen. Während die Erstgenannten Richtung “Öffnung” tendieren, stehen die Letztgenannten eher für “Schließung” gegenüber der Welt.
Bei beiden Gruppen hat sich seit den Corona-Maßnahmen aber die Wahrnehmung des Staates geändert. Er werde heute als “ein- und durchgreifend” gesehen. Früher seien noch viel mehr die Sozialleistungen mit ihm verbunden worden.
Was Heinzlmaier noch hervorhob: Mit Blick auf die Geschlechter gebe es bei Frauen eine viel höhere Problemsensibilität als bei Männern. Sie reagierten auf Probleme viel rascher und würden sich auch sehr stark engagieren.
In Sachen Gesundheit und Corona-Maßnahmen merkte Jugendstaatssekretärin Plakolm an, dass es in diesem Zusammenhang das “sehr gelungene” Projekt “Gesund aus der Krise” gebe. Im Rahmen dieses Projekts, das bei der Jugend die psychischen Nachwirkungen der Corona-Maßnahmen seien bereits 8000 Jugendliche von Psychotherapeuten und Psychologen behandelt worden, sagte Plakolm.
Wie die Jugendstaatssekretärin sagte, liegt ihr auch viel an einem “offenen Diskurs” unter der Jugend, ist doch die Meinungsvielfalt enorm wichtig für eine Demokratie.
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