Biden-Rückzug: Viel Pathos, aber Rede an Nation verschleiert wahre Gründe
Joe Biden (81) sprach elf Minuten an die Nation, doch der US-Präsident lavierte sich bei der Erklärung für seinen Rückzug als Kandidat der Demokraten für die US-Präsidentschaftswahlen durch. Sein hohes Alter, sein gesundheitlicher Zustand – kein Thema. Stattdessen nuschelte er mit viel Pathos von der “Verteidigung der Demokratie”.
Die “Verteidigung der Demokratie” sei “wichtiger als jeder Titel, begründete Biden im Oval Office des Weißen Hauses seinen Rücktritt. Er habe entschieden, dass der beste Weg nach vorne darin bestehe, die “Fackel an eine neue Generation” weiterzugeben und so die Nation zu vereinen, so der 81-Jährige und kündigte an, sich nun ganz seinen Aufgaben als Präsident widmen zu wollen.
Er schöpfe Kraft daraus und finde Freude daran, für das amerikanische Volk zu arbeiten. Aber dabei ginge es nicht um ihn, so der Demokrat. “Es geht um Sie. Um Ihre Familien. Ihre Zukunft.” Es sei Zeit “für neue Stimmen, frische Stimmen, ja, jüngere Stimmen”, sagte Biden. Diese Zeit sei jetzt gekommen. “Nichts kann der Rettung unserer Demokratie im Wege stehen, auch nicht persönlicher Ehrgeiz”, betonte er. In den vergangenen Wochen sei ihm klar geworden, dass er seine Partei vereinen müsse, so der Demokrat.
Die Nation stehe vor einer entscheidenden Wahl zwischen Hoffnung und Hass. “In Amerika herrschen keine Könige oder Diktatoren. Das Volk regiert. Die Geschichte liegt in Ihren Händen. Die Macht liegt in Ihren Händen”, sagte der US-Präsident. Erneut bekräftigte Biden seine Unterstützung für Vizepräsidentin Kamala Harris, die statt Biden gegen Donald Trump das Rennen um die nächste Präsidentschaft machen soll. Sie sei “erfahren, hartnäckig und fähig”.
Biden: Meine Leistungen hätten eine weitere Amtszeit verdient
Nach seinem Rückzug aus dem aktuellen Wahlkampf will sich Biden ganz seinem Amt im Weißen Haus widmen. In seiner Ansprache schlug er nachdenkliche Töne an. “Es ist das Privileg meines Lebens, dieser Nation seit über 50 Jahren zu dienen”, sagte er. Nirgendwo sonst auf der Welt könne ein Kind mit einem Stotter-Problem aus bescheidenen Verhältnissen zum höchsten Amt im Staat aufrücken. “Hier bin ich nun. Das ist es, was Amerika so besonders macht”, sagte Biden.
Die Rede dürfte Biden nicht leicht gefallen sein. “Ich glaube, dass meine Leistungen als Präsident, meine Führungsrolle in der Welt und meine Vision für die Zukunft Amerikas eine zweite Amtszeit verdient haben”, gab Biden unverblümt zu. In US-Medien heißt es, dass Bidens Berater ihn letztlich mit Umfrageergebnissen konfrontiert hätten, nach denen die Demokraten bei der Wahl im November in Staaten verloren hätten, die ihnen eigentlich sicher sind. Das soll Biden schließlich zum Umdenken bewegt haben.
Zahlreiche Mitarbeiter versammelten sich im Weißen Haus, um die Rede Bidens zu schauen. Es handle sich wohl um die wichtigste Rede, die Biden nie habe halten wollen, sagte CNN-Journalistin Dana Bash. Unter den Angestellten sollen Medien zufolge Tränen geflossen sein, am Ende habe es großen Applaus gegeben.
Der Jurist begann seine Politiker-Karriere im Stadtrat von Wilmington im Bundesstaat Delaware. Schließlich vertrat er den Bundesstaat fast vier Jahrzehnte im US-Senat, bis er 2009 mit als Barack Obamas Vize ins Weiße Haus einzog. 1988 und 2008 hatte sich Biden selber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten beworben – ohne Erfolg. Im Jahr 2000 erfüllte sich schließlich sein Lebenstraum – er gewann die Wahl gegen Trump und wurde Präsident der Vereinigten Staaten. Sein Leben war von Schicksalsschlägen überschattet. Er verlor seine erste Ehefrau und die gemeinsame Tochter bei einem Autounfall. Sein Sohn Beau starb 2015 an einem Gehirntumor.
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