Die Bankenabgabe

Tagelang wurde um dieses Thema gerungen. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) winkte bereits am Wochenende gegenüber der Krone ab: „An diesem Thema wird eine Koalition nicht scheitern.“

Zum einen lässt sich leicht ein Kompromissmodell finden, bei dem die Bankenabgabe moderat erhöht wird oder zweckgebunden etwa in einen Fonds für KMU fließt. Mit dem Vorschlag einer zweckgebundenen Bankenabgabe ist die Volkspartei bereits vorgeprescht – der exxpress berichtete. Die FPÖ kann dies als Erfolg verkaufen, die ÖVP kann sich rühmen, eine drastische Erhöhung verhindert zu haben.

Zudem haben beide Parteien bereits in ihrer letzten gemeinsamen Koalition von 2017 bis 2019 wirtschaftspolitische Differenzen durch Pragmatismus und Verhandlungsgeschick relativ leicht überbrückt. Sollten sich die Freiheitlichen hier nicht durchsetzen, könnte ihnen die ÖVP im Gegenzug in anderen Bereichen wie der Migrationspolitik leicht entgegenkommen.

Vor allem aber: Die Wähler der Blauen erwarten vor allem eine harte Linie in der Migrationspolitik und in EU-Fragen, weniger in wirtschaftspolitischen Details. Eine Bankenabgabe ist daher nicht das zentrale Thema, das eine Regierungsbildung verhindern würde. Es gibt also durchaus inhaltliche Differenzen zwischen FPÖ und ÖVP, aber die strategischen Gesamtinteressen überwiegen.

APA/APA

ORF-Reform

Auch das Haus am Küniglberg wird die beiden Verhandlungspartner nicht entzweien können. Freilich: Die Zugänge sind unterschiedlich. Die FPÖ kritisiert den ORF als „linkslastig“ und fordert die Abschaffung der Rundfunkgebühren sowie eine umfassende Reform des Senders. Die ÖVP hingegen steht zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und lehnt einen radikalen Umbau ab. Trotz dieser unterschiedlichen Positionen ist es jedoch wahrscheinlich, dass beide Parteien in diesem Bereich kompromissbereit sind, um die Verhandlungen nicht scheitern zu lassen.

Zum einen hat auch die ÖVP in der Vergangenheit Kritik am ORF geäußert – weniger scharf – und zum anderen wurde auch von konservativer Seite bereits eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Die FPÖ spricht regelmäßig von einer „Zwangsgebühr“ und fordert eine deutliche Budgetkürzung, aber auch die ÖVP will den ORF zumindest effizienter und schlanker machen.

Es gibt also genügend Spielraum für einen Kompromiss. Die FPÖ könnte eine deutliche Budgetkürzung und strukturelle Änderungen fordern, während die ÖVP eher auf eine sanfte Reform setzt, da eine drastische Reform auch den Einfluss der Volkspartei auf den Sender schwächen würde. Das Ergebnis könnte eine Senkung der GIS-Gebühr und eine Neuordnung der ORF-Finanzierung sein, ein radikaler Umbau des Senders ist aber nicht zu erwarten.

Fazit: Die FPÖ-ÖVP-Verhandlungen werden voraussichtlich nicht an der ORF-Reform scheitern, da beide Parteien grundsätzlich Reformbedarf sehen. Ein Kompromissmodell könnte aus einer moderaten Budgetkürzung, einer stärkeren Kontrolle der ORF-Finanzen und einer Reduktion der Online-Angebote bestehen. Darüber hinaus könnte eine blau-schwarze Regierung die ORF-Reform auch schrittweise umsetzen, z. B. zuerst mit einer Budgetkürzung und dann mit einer Reduktion der Online-Aktivitäten des ORF.

APA/AFP/Alex HALADA

Sky Shield

Brisanter, weil zentraler, ist der Zankapfel Sky Shield: Die FPÖ lehnt eine Beteiligung Österreichs am europäischen Luftverteidigungssystem Sky Shield ab und sieht darin eine Gefährdung der Neutralität. Die ÖVP hingegen unterstützt die Beteiligung an diesem Abwehrprojekt. Dieser Gegensatz in sicherheitspolitischen Fragen stellt einen wesentlich größeren Konfliktpunkt dar.

Allerdings hat die ÖVP bekanntlich bereits eingelenkt. Zudem teilen beide Parteien ein verstärktes sicherheitspolitisches Interesse. Auch die FPÖ befürwortet eine Stärkung der Landesverteidigung, allerdings mit einer stärkeren Betonung der nationalen Souveränität und Neutralität. Auf der anderen Seite könnte sich die FPÖ mit einer neutralitätsfreundlichen Adaptierung von Sky Shield begnügen, etwa mit der Betonung, dass sich Österreich keinen militärischen Bündnisverpflichtungen unterwirft. Es gibt also verschiedene Kompromissmöglichkeiten.

Für die FPÖ ist Sky Shield daher kein Kernthema, das eine Regierungsbildung gefährden würde. Vielmehr wird es zu symbolischen Anpassungen kommen, die die FPÖ als Stärkung der Neutralität verkaufen kann, während die ÖVP das Projekt weiter verfolgt. Ein Scheitern der Verhandlungen an diesem Punkt ist daher unwahrscheinlich.

Europapolitik

Auch dieses Thema ist brisanter und wichtiger, ein Scheitern der Verhandlungen ist aber ebenfalls unwahrscheinlich. Zum einen vertreten beide Parteien EU-kritische Positionen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die ÖVP verfolgt eine pragmatische Europapolitik, während die FPÖ eine härtere EU-Kritik fordert. Dennoch gibt es Überschneidungen, insbesondere bei Themen wie Migration, Bürokratieabbau und nationale Souveränität.

Die Forderung nach einem EU-Austritt (Öxit) wird die FPÖ voraussichtlich nicht in die Koalitionsverhandlungen einbringen, da dies für die ÖVP nicht verhandelbar wäre. Stattdessen könnte sie sich mit einer härteren Gangart gegenüber Brüssel zufriedengeben, etwa in der Asylpolitik, beim Grenzschutz und bei nationalen Entscheidungsrechten.

Auch die Europapolitik bietet genügend Spielraum für Kompromisse, um FPÖ und ÖVP gemeinsam regieren zu lassen.

IMAGO/Frank Ossenbrink

Warum ein Scheitern generell unwahrscheinlich ist

Die FPÖ ist der wahrscheinlichste Koalitionspartner für die ÖVP. Für die FPÖ ist eine Regierungsbeteiligung wichtiger als bestimmte radikale Forderungen. Beide Parteien haben viel zu gewinnen und dürften daher in allen genannten Punkten eine Lösung finden. Schließlich haben beide ein großes Interesse daran, die Regierung zu stellen.

Der ÖVP fehlen die Alternativen. Weder Neuwahlen noch eine Rückkehr zur bereits gescheiterten Ampel sind für sie attraktiv.