Ministeranklage gegen Gernot Blümel: Stimmen die Grünen am Montag für den Koalitions-Crash?
Die heutige Sondersitzung des Nationalrats könnte zum abrupten Ende der Koalition führen. Es liegt an den Grünen: Sofern sie sich einem eventuellen Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) anschließen, ist Türkis-Grün zu Ende. Doch selbst wenn sie das nicht tun, wäre die Koalition noch nicht über den Berg, und zwar aufgrund der Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz.
Unerwartet brisant startet am Montag die Plenarwoche im Nationalrat. Auf gemeinsames Verlangen von SPÖ, FPÖ und Neos wird der Nationalrat zu einer Sondersitzung zusammentreten, die im Fall der Fälle sogar die Koalition abrupt beenden könnte.
Opposition will eine Ministeranklage gegen Blümel
Der Anlass: Die Opposition ist erbost, weil Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) E-Mails und andere Akten verspätet an den “Ibiza”-Ausschuss geliefert hat, und zwar erst, nachdem der Bundespräsident mit Exekution gedroht hat. Spannend wird es gleich um 10 Uhr: Die Opposition will eine Ministeranklage gegen Blümel einbringen. Zu erwarten ist aber auch eine “Dringliche Anfrage” entweder an Blümel oder an den Kanzler selbst. Zudem könnten Misstrauensanträge abgestimmt werden. Der bereits eingebrachte Antrag auf Ministeranklage gegen den Finanzminister dürfte keine Mehrheit bekommen.
Bisher hatten die Grünen jeden Misstrauensantrag gegen Blümel abgewiesen. Allerdings hat Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer auch festgelegt, ab wann die Grünen von ihrer Haltung abrücken würden: “Bei einer Anklage wäre ein Rücktritt notwendig”.
Selbst wenn die Regierung den heutigen Tag einigermaßen “unbeschadet” übersteht, wäre die Koalition nur vorläufig über den Berg: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat nämlich in der Zwischenzeit Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgenommen, wegen des Vorwurfs der Falschaussage im “Ibiza”-U-Ausschuss im Zusammenhang mit der Bestellung des ÖBAG-Alleinvorstands.
Wiederholt sich 2019?
Sollten diese Ermittlungen tatsächlich in einer Anklage münden, wovon Kurz ausgeht, pochen SPÖ und FPÖ auf einen Rücktritt des Kanzlers. Sebastian Kurz selbst bekräftigte am Wochenende neuerlich, auch im Fall einer Anklage nicht zurückzutreten. Die Grünen vermieden bisher eine Festlegung. Sollten sie aber einem Antrag der Opposition zustimmen, müsste Sebastian Kurz sofort seinen Hut nehmen.
Was dann folgt, kennen die Österreicher bereits aus dem Jahr 2019 vor fast auf den Tag genau zwei Jahren: Damals, Ende Mai, hat zum bis dahin ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik das Parlament einen Kanzler und mit ihm seine gesamte Regierung mit einem erfolgreichen Misstrauensvotum abgewählt. Neuwahlen waren die Folge. Bis dahin übernahm ein Expertenkabinett die Regierungsgeschäfte. Sollte Österreich dasselbe Prozedere in diesem Jahr erwarten, würde einem solchen Kabinett obliegen, Österreich aus der Pandemie zu führen – ohne ÖVP und Kanzler Kurz.
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