
Brandstätter: Der faulste EU-Abgeordnete Österreichs
Im TV gibt er den Advokaten der Vereinigten Staaten von Europa – in Brüssel glänzt er durch Abwesenheit. Helmut Brandstätter (NEOS) redet viel, reist viel – aber stimmt selten ab. Im EU-Parlament ist er Österreichs Schlusslicht: Er fehlt bei knapp 40 Prozent der Abstimmungen. Seine Rechtfertigung? Dafür sei er „nicht da“.

Die NEOS müssen aufpassen: Sie mutieren zum Club der alten Herren mit doppeltem Maßstab. Sepp Schellhorn predigte Sparsamkeit – und wurde zum teuersten Staatssekretär der Republik. Helmut Brandstätter fordert mehr Europa – schwänzt aber fast jede zweite Abstimmung. Kurz: Prinzipien werden von allen hochgehalten. Nur gelten sie nie für sich selbst.
Der Pro-Europäer, der nicht abstimmt
Laut Heute liegt Brandstätters Anwesenheitsquote im Jahr 2025 bei nur 61,96 Prozent – damit ist er Schlusslicht unter allen österreichischen EU-Abgeordneten. Von 1.062 namentlichen Abstimmungen nahm er nur an 658 teil. Ganz anders seine Parteikollegin Anna Stürgkh: Sie kommt auf 100 Prozent. Der freiheitliche EU-Kritiker Harald Vilimsky immerhin auf fast 98 Prozent.

Brandstätter: Nicht zum Abstimmen da?
Brandstätter sieht darin kein Problem: „Ob ich in einer Abstimmung bin oder nicht, hat mit meiner Tätigkeit ganz, ganz wenig zu tun.“ Er sei im außenpolitischen Ausschuss – und daher ständig auf Reisen in Belgrad, Warschau und der Ukraine.
Kurz: Reisen statt Abstimmen – das ist Brandstätters Devise.
Nur: Dafür wählen die Bürger ihre EU-Abgeordneten nicht. Sie erwarten, dass diese – wie in jedem echten Parlament – an Debatten teilnehmen und abstimmen, statt vorrangig auf unsere Kosten durch Europa zu touren.

Brandstätter – Symptom eines Missstands?
Brandstätters Aussage entlarvt ein Selbstverständnis, das auf ein strukturelles Problem der EU verweist. In jedem funktionierenden Parlament ist die Anwesenheit der Abgeordneten zentral – ohne sie kein Gesetz, keine Demokratie.
Auch im EU-Parlament gilt das offiziell. Doch in der Praxis sind manche, wie Brandstätter, vor allem eins: unterwegs. Zu ihrem Glück bekommt die Öffentlichkeit das kaum mit – und vielleicht ist genau das gewollt.
Ein „Parlament“, das keines ist?
Das EU-Parlament heißt zwar „Parlament“, ist im strengen Sinne aber keines: Es darf keine Gesetze initiieren, wählt keine Regierung und hat nur ein eingeschränktes Budgetrecht. Was bleibt, sind Debatten, Resolutionen, Vetos – und viel Raum zur politischen Selbstverwirklichung. Das erklärt auch, warum der Posten des EU-Parlamentariers für viele so reizvoll ist.
Kritiker sagen: Das Parlament dient vor allem dazu, den Entscheidungen der EU-Kommission einen demokratischen Anstrich zu verleihen. Wenn Brandstätter erklärt, Abstimmungen seien „nicht Teil seiner Tätigkeit“, offenbart das ein Selbstverständnis, das in diesem System gedeihen kann.

Vilimsky: „Brandstätter hat Parlamentarismus nicht verstanden“
FPÖ-Abgeordneter Harald Vilimsky schüttelt den Kopf: „Wenn ein Abgeordneter in Abstimmungen nicht seine Hauptaufgabe sieht, hat er Parlamentarismus nicht verstanden.“ Und: „Die Abstimmung ist mit Abstand die zentralste Aufgabe“, sagt Vilimsky gegenüber Heute.
Brandstätter sei der „größte Heuchler überhaupt: Er wirft anderen Faulheit vor, dabei ist er selbst ein Meister der Faulheit.“

EU-Visionär und Abstimmungs-Verweigerer
Brandstätter ist der Mann, der sagte: „Die Vereinigten Staaten von Europa sind keine Illusion.“ Und: „Damit unser Europa nicht nur bestehen bleibt, sondern besser wird, braucht es mehr Handlungsfähigkeit – und letztlich den nächsten großen Schritt: eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.“ Nun – dann könnte er seine Reisetätigkeit zweifelsohne weiter ausbauen.
Obwohl Mitglied einer liberalen Partei, fordert der NEOS-Mandatar eine deutliche Erhöhung des EU-Budgets. Gegenüber dem Standard meinte er: „Es muss steigen, das ist allen klar. Wir brauchen eine Zukunftsquote im Budget – also mehr Geld für Bildung, Forschung und Außengrenzschutz.“
Wen wundert da noch die EU-Verdrossenheit?
Doch wenn ausgerechnet ein glühender EU-Befürworter das Abstimmen zur Nebensache erklärt, stellt sich eine einfache Frage: Wozu überhaupt ein Parlament – das obendrein jährlich zwischen Brüssel und Straßburg pendelt?
Brauchen wir Volksvertreter, die vor allem ihre eigenen Projekte verfolgen? Dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn viele Bürger mit der EU fremdeln. Zur wachsenden Entfremdung tragen sie selbst bei – und niemand sonst.
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