Brisant: Rakete hätte sich vor Einschlag in Polen selbst zerstören müssen
Warum hat sich die ukrainische S-300-Rakete vor ihrem Einschlag in Polen nicht selbst zerstört? Es ist eine brisante Frage. Die Flugabwehrrakete hat einen Selbstzerstörungsmechanismus, der normalerweise automatisch aktiviert wird, sobald sie ihr Ziel verfehlt.
Seit ein Raketeneinschlag auf einem Bauernhof in Polen zwei Menschen getötet hat, bestreitet die Ukraine jegliche Schuld am Unglück. Ein Argument dafür hat der ukrainische Militärexperte Serhiy Zhdanov vorgebracht: Er könne kaum glauben, dass ein S-300-Komplex an der Explosion beteiligt war, erklärte er gegenüber dem „Kyiv Independent“. Wäre dies der Fall, hätte der Selbstzerstörungsmechanismus aktiviert werden müssen, da die Rakete ja ihr Ziel verfehlt habe.
Ohne Selbstzerstörung würden eigene Raketen zur Bedrohung
Viele Boden-Luft-Raketen, einschließlich die S-300, verfügen über einen Selbstzerstörungsmodus. Er wird bei Fehlern oder wenn Ziele nicht getroffen werden ausgelöst. „Wenn die abgefeuerte Rakete das Ziel verfehlt oder innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nicht erreicht, zerstört sich die Rakete in der Luft selbst“, berichtet der Inspekteur der estnischen Verteidigungskräfte (EDF), Oberstleutnant Tanel Lelov, gegenüber dem TV-Sender Eesti Televisioon.
Der eingebaute Selbstzerstörungsmechanismus ist überaus wichtig. Ohne ihn würden sämtliche S-300-Luftabwehrraketen, die ihr Ziel nicht erreichen, vom Himmel herabregnen und schwere Schäden in der Ukraine verursachen.
Die NATO geht von einem Irrtum aus
Das wirft die Frage auf, warum dieser Mechanismus ausgerechnet beim Einschlag in Polen nicht funktioniert hat. Russland scheidet laut NATO als Urheber aus. Zwar haben die auf die Ukraine abgefeuerten russischen Raketen diesen Mechanismus nicht aktiviert – schließlich geht es bei ihnen auch nicht um Raketen-Abwehr – nur konnten sie unmöglich die lange Distanz zum Bauernhof überwinden – der eXXpress berichtete. Aufgrund ihrer maximalen Reichweite von 150 bis 200 Kilometer können S-300-Raketen nicht aus Russland abgefeuert worden sein – das Dorf Przewodow liegt 598 Kilometer von der russischen Grenze entfernt.
Die NATO geht von einem Unfall aus. Ihr zufolge hat die ukrainische S-300 einen anfliegenden russischen Marschflugkörper verfehlt, im Anschluss habe man die Selbstzerstörung versäumt. Deshalb sei die Rakete weitergeflogen und auf polnischem Gebiet eingeschlagen. Im Dauerbeschuss der russischen Armee sei der ukrainischen Luftwaffe das Verfehlen des russischen Geschützes offenbar schlicht untergegangen, heißt es – „ein tragischer Unfall“.
War es Absicht?
Eine andere, brisante Erklärung: Der Vorfall war kein Unfall. Dann hätte Kiew die Rakete absichtlich nicht zerstört um eine weitere Eskalation im Krieg zu provozieren. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, der hinter vorgehaltener Hand von einzelnen Beobachtern geäußert wird.
Eine andere Vermutung hat wiederum der Brigadegeneral Urmas Roosimägi. Er leitete die S-300-Luftabwehrabteilung der Sowjetunion und war später Inspekteur der EDF-Luftabwehr. Er meinte, die Rakete habe sich in der Luft sehr wohl selbst zerstört. Wäre sie erst beim Einschlag zerstört worden, wäre der Schaden seiner Meinung nach größer gewesen.
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