
Bundesheer warnt vor 20 Jahren "Unordnung" und Krieg mit Russland
Das Risiko eines Kriegs zwischen der EU und Russland sei in diesem Jahr “sehr hoch”, sagt Generalmajor Peter Vorhofer. Es drohe sowohl ein offener militärischer Kampf, als auch ein verdeckter. Überdies rechnet man mit mindestens 20 Jahre anhaltenden Unruhen. Ministerin Tanner (ÖVP) bekannte sich zur Aufrüstung.

Die Österreicher müssen sich auf eine lange Zeit der Spannungen, der Krisen, des Chaos einstellen. Die neue Zeit der militärischen “Unordnung” werde die Welt und Österreich noch “mindestens zwei Dekaden” begleiten, sagte Generalmajor Vorhofer bei der Präsentation des “Risikobilds 2024” des Verteidigungsministeriums im Wien. Militärische Konflikte dürfte eher zunehmen, “weil der Krieg als Dimension der Politik zurück ist.”

Der Militärstratege Günter Hofbauer ergänzte: “Eines ist klar: Es wird schneller und es wird mehr.” Momentan befinde man sich in einer “Grauzone”: “Wir sind in einer Phase, wo es noch nicht Krieg, aber auch nicht mehr Frieden ist.” Dies mache es nötig, auch das Bundesheer “wieder kriegsfähig zu machen”. Schließlich brauche es ein Jahrzehnt zu einem Aufbau einer Luftverteidigung. In 10 bis 15 Jahren werde der Ukraine-Krieg überdies “nur einer der Konflikte sein”.
Tanner: Entscheidung für Wehrpflicht war "richtig und weitreichend"
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) lobte das milliardenschwere Aufrüstungspaket für das Bundesheer, das durch ein entsprechendes Gesetz abgesichert sei. Es werde über mehr Legislaturperioden fortgesetzt. Die Ministerin zeigte sich überdies froh, dass Österreich kein Berufsheer eingeführt habe. Bei der Volksbefragung im Jahr 2013 hätten die Österreicher “eine sehr richtige und weitreichende Entscheidung getroffen”. Dies sehe man jetzt, “wo andere Staaten daran denken, die Wehrpflicht wieder hervorzuheben”.
Nun gelte es auch die “geistige Landesverteidigung” zu stärken. Vor allem die künftige Generation würde das Leben in einer Demokratie zu wenig wertschätzen. Das Konzept der umfassenden Landesverteidigung solle daher in den Lehrplänen verankert werden. Auch solle die Publikation “Risikobild 2024”, an der Dutzende Experten aus verschiedenen Fachrichtungen mitgearbeitet haben, den Schulen und Universitäten zur Verfügung gestellt werden.
Es drohen Lieferketten-Störungen, Migrationsströme, Cyberangriffe
In seinem Vortrag zählte Generalmajor Vorhofer insgesamt acht für Österreich besonders relevante Risiken auf, darunter die Störung von Lieferketten durch Konflikte, die neue Migrationsströme, Cyberangriffe sowie Desinformationskampagnen, deren Ausbleiben im aktuellen Superwahljahr “extrem ungewöhnlich” wären. Schließlich nannte der Experte auch Versuche von externen Akteuren, die europäische Integration “durch gezielte Angriffe und Zwangsausübung” zu schwächen.
Der verteidigungspolitische Direktor des Ministeriums, Arnold Kammel, wies auf die bevorstehende Europawahl hin, die man “nicht unterschätzen” solle. Es müsse daher das Anliegen sein, die Übergangsphase rund um die Europawahl “möglichst kurz” zu halten.
Beurteilung der realen Gefahren soll "härter" werden
Im Jahr 2014 hätte Europa spätestens reagieren müssen, sagte Günter Hofbauer mit Blick auf Russland. Man habe sich davon “verführen lassen, keine politischen Absichten in Moskau zu erkennen”. Nun wisse man: Diese Absichten könnten sich “sehr kurzfristig ändern”. Daher sollte man die einzelnen Akteure künftig nach ihren jeweiligen militärischen und sonstigen Potenzialen bewerten.

“Wenn die Welt aus den Fugen geraten ist, dann sollten wir selber das nicht tun.” Sie brach damit ein Lanze für die Beteiligung Österreichs an europäischen Verteidigungsprojekten. “Ich bin überzeugt, dass diesen Risiken nur durch Zusammenarbeit begegnet werden kann.” Ausdrücklich erwähnte sie dabei das von der FPÖ heftig als Neutralitätsbruch bekämpfte “Sky Shield”-Luftverteidigungsprojekt. Angesichts ballistischer Raketen und Drohnen in der Ukraine dürfe es hier über Österreich “keine Lücke” geben. “Ich bin Deutschland sehr dankbar für diese Initiative, an der so viele europäische Staaten beteiligt sind.”
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