Causa Kurz: Dürfen die Sachverständige und der Chef-Ankläger ein Paar sein?
Er, der Staatsanwalt, grillte den ÖVP-Chef fünf Stunden im Verhör zum Verdacht der Falschaussage, sie wertete als Sachverständige die Chats aus, die Kurz zum Rücktritt gezwungen haben: Jetzt wird diskutiert, ob dieser Paarlauf in Österreichs Justiz ein Compliance-Problem sein könnte.
Im Web wird nach der Enthüllung des eXXpress höchst emotional diskutiert: Darf die Sachverständige in der hochbrisanten Polit-Causa um die Chats am Thomas-Schmid-Handy, also jene Frau, die auswählte, was relevant und was nicht wichtig sein könnte, auch die Lebenspartnerin des Oberstaatsanwalts sein, der gegen Sebastian Kurz ermittelt? Dürfen eine angeblich neutrale Wirtschaftsexpertin und der Chef-Ankläger der Republik ein Verhältnis haben, das sie noch dazu verbergen wollen? Kann diese Sachverständige überhaupt neutral bewerten – und auch Entlastendes in den Akten aufscheinen lassen?
Sachverständige wertet Chats seit einem Jahr aus
Interessant ist an dieser neuen Entwicklung auf jeden Fall, dass die breite Öffentlichkeit nichts von diesem Verhältnis erfahren sollte: Sogar ein “Like” des Oberstaatsanwalts auf der Facebook-Seite der Sachverständigen und Lebensgefährtin ist laut einem Experten, den der eXXpress dazu befragt hat, nachträglich gelöscht worden.
Und es soll auch Zweifel an der Eignung der Sachverständigen für diese komplexe Aufgabe in diesem heiklen Poltkrimi geben: Laut Informationen, die nun an den eXXpress gekommen sind, hat Sarah Christine B. keine wirtschaftswissenschaftlichen Abschlussarbeiten zu ihrem BWL-Studium verfasst, sondern juristische. Eine Arbeit befasst sich mit dem Transitvertrag und die andere handelt vom Konventionsrecht. Das Deutsch bei den selbstgeschriebenen Passagen bei der älteren Arbeit sei laut Experten “mangelhaft”.
Zusammenhänge sollten verschleiert werden
Die Sachverständige ist bereits seit dem Vorjahr damit beauftragt, die vermutlich mehr als 300.000 Chat-Nachrichten auf dem ausgelesenen Mobiltelefon des Ex-ÖBAG-Vorstands Thomas Schmid zu sichten und nach strafrechtlicher Relevanz zu werten. Wie sehr man bedacht war, die amourösen Zusammenhänge in der Staatsanwaltschaft zu verschleiern, zeigen dabei mehrere Details: Die junge Frau hat zwar einen Facebook-Account mit dem Familiennamen des Staatsanwalts, allerdings wird sie in den Akten mit einem anderen Familiennamen genannt (B.).
Und auch der Chefredakteur des Wiener Wochenblatts “Falter”, der sich in der Staatsanwaltschaft durchaus gut auskennen will, nennt die Wirtschaftsexpertin in einem Bericht aus dem März 2021 Sarah Christina B. – und lässt den Beziehungsstatus in seiner Hintergrund-Story zu den Ermittlungen gegen Schmid & Co. unerwähnt.
Einen Tag vor Böhmermann-Sendung wurde der brisante WKStA-Bericht neu abgespeichert
Dieser Chefredakteur des Wochenblatts “Falter” attackiert nun auch den eXXpress: Er ist nicht damit einverstanden, dass der eXXpress darüber berichtet hat, dass er den ungeschwärzten Akt der Staatsanwaltschaft direkt an den Salzburger Plagiatsjäger Stefan Weber weitergemailt hat – inklusive aller Klarnamen und Telefonnummern der Beschuldigten.
Interessant ist dabei auch ein weiteres Detail: Nach Auswertung der Metadaten wurde dieser Akt zuletzt am 23. September um 15.42 Uhr geändert. Als Verfasser scheint das Kürzel des Oberstaatsanwalts auf, dann folgt noch ein Bearbeitungskommentar mit einem Kürzel. Die Berichte selbst tragen als Datum den 2. bzw. 3. September 2021. Beide Dateien wurden also am 23. September für einen bestimmten Zweck (neu?) abgespeichert/in PDF-Files verwandelt. Einen Tag später, am Freitag, dem 24. September, sagte Jan Böhmermann in seiner ZDF-Satireshow, die immer tags zuvor, also in diesem Fall am 23. September um 17.30 Uhr aufgezeichnet wird, folgendes: „Sebastian Kurz! I hoff, Du hast Dein Zimmer aufgräumt. I drück di gonz fest und i drück da die Daumen für die kommenden Wochn, Sebl. Du weißt scho, worums geht, gell?“
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