Corona-Klartext und Lockdown-Ende: Das sagen Mückstein und Schallenberg
Nach einer dringlichen Anfrage der SPÖ zum “Corona-Desaster” traten Bundeskanzler Alexander Schallenberg und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein vor den Bundesrat und beantworteten brennende Fragen zu den Plänen der Regierung angesichts der pandemischen Notlage der Nation. Der eXXpress hat die Antworten.
Mit Beginn des bereits vierten totalen Lockdowns in Österreich fragten und fragen sich viele Menschen im Land, ob dies nun endlich der letzte gewesen sein wird und ob er wirklich, so wie angekündigt, “nur” 20 Tage lang dauernd wird (für geimpfte Personen wohlgemerkt). Dann wären da noch die Pläne für eine allgemeine Impfpflicht in Österreich ab Februar und alle Konsequenzen, die ein solcher Erlass mit sich bringen würde – insbesondere für jene Personen, die sich nicht impfen lassen wollen. Dass es “überhaupt soweit kommen” konnte, werten manche, allen voran einige SPÖ-Politiker, darunter auch Antragsstellerin Korinna Schumann, als “Totalversagen” der Regierung, welche die Pandemie “acht Mal für beendet erklärt” habe, wie der SPÖ-Abgeordnete Günter Kovacs anmerkte.
Im Rahmen der Sondersitzung von Dienstag sollten Schallenberg und Mückstein nun Licht ins Lockdown-Dunkel bringen. Dafür hatte die SPÖ, auf deren Antrag die Sitzung einberufen worden war, einen ausführlichen Fragenkatalog (diesen finden Sie in der Infobox am Ende des Artikels, Anm.) ausgearbeitet. “Wir wollen mit 44 ganz konkreten Fragen einerseits erfahren, wie es zu einer derart katastrophalen Situation kommen konnte, aber auch einen Fahrplan, um den Menschen ein Mindestmaß an Planungssicherheit zu ermöglichen”, erläuterte Kovacs im Vorfeld der Sitzung. Der eXXpress hat die Antworten des Bundeskanzlers und des Gesundheitsministers.
Schallenberg: "Das staatliche Krisenmanagement hat nicht immer funktioniert"
Als erster trat Bundeskanzler Alexander Schallenberg vor den Bundesrat und eröffnete die Beantwortung des SPÖ-Fragenkatalogs mit folgenden Worten: “Unser oberstes Ziel ist es, die Menschen in Österreich und unser Gesundheitssystem zu schützen.” Die Freiheit der Menschen werde man nur dort einschränken, “wo es absolut notwendig ist”. Das große Problem sei, dass man es nicht geschafft habe, ausreichend Menschen von der Impfung zu überzeugen – allen Kampagnen, Erklärungen und Informationen zum Trotz.”
Vielleicht zu lange sind wir davon ausgegangen”, dass Menschen in Österreich überzeugt werden können, freiwillig impfen zu gehen, so Schallenberg. Doch die Zahl sei zu niedrig. “Ich gebe es ganz unumwunden zu, das staatliche Krisenmanagement hat nicht immer funktioniert”, so Schallenberg. Nachsatz: “Ich bin der Letzte, der das nicht zugeben würde.”
Kein Enddatum für Lockdown für Ungeimpfte
“Wir tragen sie alle gemeinsam mit”, sagt der Kanzler zu Impfpflicht und Lockdown. “Jetzt gemeinsam zu handeln, das ist das Gebot der Stunde.” Schallenberg pocht darauf, dass der Lockdown für Geimpfte für 20 Tage gilt und nach zehn Tagen evaluiert werde, “wennglich ich keinen Hehl daraus mache, dass es eine Zumutung ist”, heißt es in Richtung der Geimpften. Den Bundesländern sei es vorbehalten, selbst strengere Maßnahmen zu treffen, so der Kanzler. Die Maßnahmen hätten aus verschiedenen Gründen gesetzt werden müssen, so Schallenberg, etwa habe der Impfschutz nicht so lange gehalten wie gedacht. “Es gibt kein Enddatum für den Lockdown für Ungeimpfte”, sagt Schallenberg außerdem.
Derzeit würden auch Gespräche laufen, wie man die Corona-Maßnahmen wie Kurzarbeit weiter als bis Jahresende ausweiten und adaptieren kann, so Schallenberg. Evaluiert würde auch eine Ausweitung der Maßnahmen für Schwangere. Was die Regierung gegen Ausschreitungen und Verstöße gegen das Verbotsgesetz bei den Corona-Demos tun werde? So etwas werde die Regierung nicht hinnehmen, so Schallenberg. Zu Frage 42, dass er Corona-Kranke daheim pflegen lassen wolle, sagt Schallenberg, dass die Behauptung nicht wahr sei.
Mückstein: "Wir müssen jeden Tag um Menschen trauern"
“Wir hören die Alarmsignale aus den Spitälern. Wir müssen jeden Tag um Menschen trauern”, beginnt Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein seine Beantwortung. Niemand mache es Spaß, einen Lockdown zu verhängen, er zeige sich aber als verlässliches Instrument, um Coronawellen zu brechen. Die Impfung trage derzeit zu einer Entlastung der Spitäler bei, er wisse aber, dass es in manchen Bundesländern zur Verschiebung von Operationen komme.
Man werde die Situation auf den Intensivstationen mit der Impfpflicht entspannen und es wieder in normale Bahnen lenken können, so Mückstein sinngemäß. Sein Ressort verschicke Erinnerungen für Auffrischungsimpfungen an Geimpfte und Hinweisschreiben an Ungeimpfte, so der Gesundheitsminister. Zu möglichen weiteren Coronahilfen und -boni sagt Mückstein, jetzt sei es wichtig, dass “alle an einem Strang ziehen”. Mückstein bestätigt zudem, dass eine Zulassung für den Pfizer-Impfstoff für die Altersgruppe 5 bis 11 Jahre erwartet werde und es dann eine Impfempfehlung für die Altergruppe geben werde. Mückstein bestätigte zudem die Meldungen über erste Vergiftungen mit dem Entwurmungsmittel Ivermectin in Österreich und betonte, dass sowohl die EMA als auch der Hersteller dringend vor einer Corona-Behandlung mit dem Mittel warnen. Mit dieser Warnung beendeten Bundeskanzler und Gesundheitsminister ihr Statement.
1. Welche Fehler bzw. Versäumnisse der Regierung sind Ihrer Beurteilung nach dafür verantwortlich, dass nunmehr wieder ein Lockdown verhängt werden musste?
2. Welche Fehler bzw. Versäumnisse wurden Ihrer Beurteilung nach von den Landeshauptmännern vor allem in Oberösterreich und Salzburg gemacht, dass dort die Infektionszahlen derart außer Kontrolle geraten sind?
3. Können Sie sicherstellen, dass der aktuell verhängte Lockdown wirklich nur zwanzig Tage dauert, so wie von Ihnen in der Pressekonferenz mit den Landeshauptleuten versprochen?
4. Liegen Ihnen Informationen vor, wonach einzelne Bundesländer den Lockdown verlängern werden?
5. Welche wissenschaftlichen Argumente liegen den Entscheidungen von Freitag zugrunde und weshalb wurden diese die letzten Wochen und Monate ignoriert?
6. Aus welchem Grund haben sie sich gerade für diese Maßnahme entschieden?
7. Wenn nein: Was sind die Parameter, nach denen Sie Ihre Entscheidungen ausrichten?
8. Es war ein Gipfel zur Bekämpfung der Pandemie geplant, der dann plötzlich abgesagt wurde. Die Begründung Ihrerseits war, dass ein Gipfel, von dem Sie nichts wissen, nicht stattfinden wird. Was sind die faktischen Gründe für diese Absage und halten Sie die Absage in einer so brisanten Situation für das richtige Signal an die Bevölkerung, insbesondere, wenn dieser Gipfel dann einfach zwei Tage später stattfindet?
9. In mehreren Bundesländern stehen die Spitäler vor der gefürchteten Triage, wie beispielsweise in Salzburg. Mit welchen konkreten Maßnahmen werden Sie, als Bundeskanzler verhindern, dass diese Triage eintritt und Menschen unnötig sterben müssen?
10. Wie viele Operationen mussten auf Grund der verschleppten Maßnahmen im Bereich von Corona bereits verschoben werden?
11. Wie werden Sie jene Menschen, die aus diesen verschobenen Operationen Schaden erleiden, oder im schlimmsten Fall deren Familien, entschädigen?
12. Wie konnte es soweit kommen, dass trotz einer ähnlichen Situation im vergangenen Jahr erneut so dramatische Situationen entstehen?
13. Wie konnte es zu so dramatischen Fehleinschätzungen kommen, dass die ÖVP, der Sie und der ehemalige Bundeskanzler Kurz angehören, die Pandemie bereits achtmal für beendet erklärt hat?
14. Wie erklären Sie, dass es bis heute nicht gelungen ist, ein österreichweit einheitliches Pandemie-Management sicherzustellen?
15. Sie haben mitgeteilt, eine Einführung der Impfpflicht für die Covid-Schutzimpfung einzusetzen, wie wird die Regierung das inhaltlich und zeitlich umsetzen?
16. Wie hoch wird die Verwaltungsstrafe für die Verletzung der Impfpflicht sein?
17. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie als Regierungschef und Ihre gesamte Regierung setzen, um die Impfrate merklich zu erhöhen und bis wann?
18. Welche Initiativen wird die Bundesregierung setzen, um bis zum Einsetzen der Impfpflicht möglichst viele Menschen geimpft zu haben?
19. Welche Schritte haben Sie bzw. Ihre Regierung bereits gesetzt und welche konkreten Schritte werden Sie noch setzen, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor der Pandemie zu schützen und die nachgelagerten negativen Entwicklungen durch die Pandemie (psychische Erkrankungen, Stress, Bildungsprobleme,…) abzuschwächen?
20. Am Freitag wurde angekündigt, dass der Lockdown für Ungeimpfte weiter bestehen bleibt – wie lange soll dieser aus Sicht der Bundesregierung dauern und schließen Sie einen weiteren Lockdown für alle Menschen in Österreich – unabhängig von ihrem Impfstatus – aus?
21. Wie bewerten Sie im Rahmen Ihrer Aufgabe als Regierungschef, der ja die Gesamtverantwortung für die Regierung trägt, die Aussage der Tourismusministerin, dass sie grundsätzlich nichts von den Aussagen des Gesundheitsministers zur Frage der Ausgangsbeschränkungen für alle Menschen halte?
22. Was werden Sie als Regierungschef unternehmen, um in Zukunft divergierende Aussagen der Bundesregierung zu heiklen Themen zu verhindern und so die Bevölkerung nicht zu verunsichern?
23. Werden Sie bzw. Ihre Regierung Initiativen setzen, um den Corona-Bonus für die Held*innen der Krise endlich zu realisieren, nachdem Ihr Vorgänger Sebastian Kurz in diesem Zusammenhang nicht aktiv geworden ist?
➤ a. Wenn ja: Welche konkret?
➤ b. Wenn ja: Bis wann?
➤ c. Wenn nein: Warum nicht?
24. Hinsichtlich der Rettungssanitäter*innen gibt es viel Kritik an der Regierung, die diese bislang vollkommen vergessen hat. Werden Sie bzw. Ihre Regierung hier diese Ungerechtigkeiten beseitigen?
➤ a. Wenn ja: Wie?
➤ b. Wenn ja: Bis wann?
➤ c. Wenn nein: Warum nicht?
25. Wie werden die durch den Lockdown entstandenen Schäden durch Wirtschaftshilfen gemildert werden?
26. Wann können die betroffenen Unternehmer*innen mit den Hilfszahlungen rechnen?
27. Wird es eine Verlängerung der bestehenden Kurzarbeitsregelung geben?
28. Widersprüchliche Aussagen des zuständigen Bundesministers und der Landeshauptleute liegen bezüglich der Öffnung der Schulen vor. Wie werden Kinder in der Phase des Lockdowns unterrichtet und wir wird der Schulerfolg garantiert?
29. Wird die Bundesregierung im Lockdown große Versammlungen aus epidemiologischen Gründen verbieten?
30. Haben die regionalen Lockdowns, die es in der Vergangenheit in einzelnen Tälern und Bezirken gegeben hat, geholfen das Infektionsgeschehen einzudämmen?
➤ a. Wenn ja: Welche Daten liegen Ihnen dazu vor?
➤ b. Wenn ja: Inwiefern haben sich diese ausgewirkt?
➤ c. Wenn ja: Wieso wurde dieser Weg nicht schon in den letzten Wochen in Hochinzidenzgebieten erneut eingeschlagen?
31. Haben die regionalen Sonderimpfaktionen, die es in der Vergangenheit in einzelnen Bezirken gegeben hat, geholfen die Impfrate zu erhöhen?
➤ a. Wenn ja: Welche Daten liegen Ihnen dazu vor?
➤ b. Wenn ja: Inwiefern haben sich diese ausgewirkt?
➤ c. Wenn ja: Wieso wurde dieser Weg nicht schon in den letzten Wochen in Hochinzidenzgebieten erneut eingeschlagen?
32. Sie haben angekündigt, der ungeimpften Bevölkerung im Dezember einen Brief schicken zu wollen. Was werden Sie den Menschen darin mitteilen und weshalb kommt dieses Schreiben so spät?
33. Liegen Ihnen verlässliche Daten zum Impffortschritt vor, die Sie im Rahmen Ihrer Entscheidung hinsichtlich der Entwicklung der Pandemie heranziehen?
➤ a. Wenn ja: Geben Sie diese bitte im Detail nach Monat und Bundesland sortiert seit Beginn der Aufzeichnungen an.
➤ b. Wenn ja: Warum werden diese nicht veröffentlicht?
34. Wann ist aus Ihrer Sicht damit zu rechnen, dass die Impfung für Kinder offiziell freigegeben wird?
35. Existiert in der Bundesregierung eine Strategie für die Implementierung der Impfung bei Kindern?
➤ a. Wenn ja: Wie sieht diese konkret aus?
➤ b. Wenn ja: Bis wann soll diese flächendeckend ausgerollt werden?
➤ c. Wenn nein: Warum nicht?
36. Werden Sie bzw. Ihre Regierung sicherstellen, dass der Schutz von Schwangeren als Teil der Risikogruppen weiterhin gegeben ist?
➤ a. Wenn ja: Bis wann wird diese Regelung umgesetzt?
➤ b. Wenn ja: Wie wird dieser Schutz konkret geregelt sein?
➤ c. Wenn nein: Warum nicht?
37. Liegen Ihnen Daten zu der Durchimpfungsrate von 24 Stunden-Betreuer*innen vor, die ja in engstem Kontakt mit alten, gebrechlichen oder kranken Menschen arbeiten?
➤ a. Wenn ja: Sind diese höher oder niedriger als in der Gesamtbevölkerung?
➤ b. Wenn nein: Warum nicht?
➤ c. Wenn nein: Werden Sie sich dafür einsetzen diese zu erheben, damit auch dort gezielt für die Impfung geworben werden kann?
38. Liegen Ihnen Daten zu Sterblichkeit und Hospitalisierung vor, die Sie als Grundlage für Ihre politischen Entscheidungen nutzen?
➤ a. Wenn ja: Inwiefern unterscheiden sich diese zwischen geimpften und ungeimpften Menschen?
39. Am vergangenen Samstag gingen laut Polizeiangaben rund 40.000 Menschen auf die Straße, um gegen die Corona-Maßnahmen, den Lockdown sowie die angekündigte Impfpflicht zu demonstrieren. Dabei kam es zu mehreren Anzeigen wegen unter anderem der Nichteinhaltung der Maßnahmen aber auch wegen Wiederbetätigung. Zudem wurde bekannt, dass namhafte Rechtsextreme an der Demonstration teilnahmen und diese für ihre Zwecke vereinnahmen wollten. Werden Sie Schritte setzen, um eine weitere Radikalisierung dieser Szene einzudämmen?
➤ a. Wenn ja: Welche?
➤ b. Wenn ja: Wie wollen Sie außerdem die Impfquote in dieser Bevölkerungsgruppe erhöhen? Gibt es hier konkrete Pläne?
➤ c. Werden Sie den Innenminister anweisen, die Umsetzung der geltenden Corona Maßnahmen bei solchen Demonstrationen zu garantieren? Ist ein Verbot solcher Demonstrationen bei Nichteinhaltung der Corona Maßnahmen vorgesehen?
40. Welche Schritte werden Sie bzw. Ihre Regierung setzen, um Menschen, die an Long Covid leiden, mit Ihrer Situation zu helfen und bis wann sollen diese greifen?
41. Liegen Ihnen Studien zu Covid-Erkrankungen und Covid-Folgen bei Kindern vor?
➤ a. Wenn ja: Aus welcher Quelle stammen diese?
➤ b. Wenn ja: Weisen diese Unterschiede zu Erkrankungen bei Erwachsenen aus?
42. Sie haben mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, an Covid erkrankte Menschen daheim zu pflegen. Aus welchem Grund haben Sie diesen Vorschlag gemacht und wie stellen Sie sich die konkrete Umsetzung vor? Gedenken Sie damit die Krankenhäuser zu entlasten und wer soll die Pflege leisten?
43. Liegen Ihnen Statistiken vor, die den Einsatz des Entwurmungsmittel Ivermectin, der ja auch von FPÖ-Chef Kickl propagiert wurde, plausibel erscheinen lassen?
➤ a. Wenn ja: Aus welcher Quelle stammen diese und was besagen sie?
➤ b. Wenn nein: Was werden Sie gegen den missbräuchlichen Verkauf und die damit einhergehenden Gefahren einer Vergiftung bei falscher Nutzung unternehmen?
➤ c. Wenn nein: Woher stammen die Rezepte, die notwendig sind, um das Mittel zu bekommen, sodass es beispielsweise in Oberösterreich ausverkauft war?
44. Der angesehene Statistiker Erich Neuwirth veröffentlicht täglich seit Beginn der Pandemie Statistiken zum Infektionsgeschehen. Er ist dabei auf die Zahlen der öffentlichen Hand angewiesen. Diese Zahlen scheinen aber zu wenig aussagekräftig und mangelhaft zu sein, um damit verlässliche Aussagen treffen zu können. Wieso sorgt die Bundesregierung nicht dafür, dass der Bevölkerung taugliche statistische Zahlen zur Verfügung stehen, damit sich diese ein Bild machen kann?
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