1,5 Jahre lang ermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der sogenannten Causa Demox – doch am Ende blieb nicht einmal ein Anfangsverdacht übrig. Grundlage war eine drei Jahre alte Anzeige mit unbelegten Verdächtigungen.

Razzien beim Meinungsforschungsinstitut Demox Research in Wien und an anderen Orten, spektakulär durchgeführt, wurden später vom Oberlandesgericht Wien in der Luft zerrissen: rechtswidrig, unbegründet, überzogen. Doch die Ermittlungen liefen noch fast ein Jahr lang weiter – ohne jede Rechtsgrundlage.

Zurück bleiben immense Kosten – für die Steuerzahler.

Glänzte jahrelang trotz teurer und ergebnisloser Ermittlungen durch Untätigkeit: Ex-Justizministerin Alama Zadic (Bild, Grüne).exxpress/exxpress

Alles begann mit einer SPÖ-Anzeige im Frühjahr 2022

Die Causa nahm im März 2022 ihren Anfang mit Vorwürfen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Beamte in ÖVP-geführten Ministerien – konkret: Verteidigung, Landwirtschaft und Wirtschaft – hatten das Institut Demox Research mit Umfragen beauftragt.

Der Verdacht: Diese Umfragen seien nicht ministeriell notwendig gewesen, sondern hätten parteipolitischen Zwecken gedient. Der SPÖ-„Anzeiger vom Dienst“ Kai Jan Krainer erstattete am 3. März 2022 Anzeige und übermittelte der Staatsanwaltschaft zig tausende Seiten aus dem U-Ausschuss – obwohl diese eigentlich unter Verschluss standen.

Es vergingen Monate und schließlich fast eineinhalb Jahre (!), bis die WKStA ab Juli 2023 wegen Untreue, Betrugs und vergaberechtswidriger Absprachen zu ermitteln begann – wie wir heute wissen: ohne begründeten Verdacht. Dabei standen vor allem eine Person und drei Ministerien im Fokus: Meinungsforscher Paul Unterhuber, Geschäftsführer von Demox, sowie aktive bzw. ehemalige Beamte aus dem Landesverteidigungs-, Wirtschafts-, und Landwirtschaftsministerium.

Im August 2023 ließ die WKStA Hausdurchsuchungen bei Demox und Unterhuber durchführen. Ein massiver Eingriff in Rechte und Reputation – gestützt auf eine äußerst dünne Grundlage. Sogar eine Hausdurchsuchung bei einer Person im Burgenland, die lediglich als Zeuge und nicht als Beschuldigter geführt wurde, wurden von der WKStA durchgesetzt – pikanterweise nicht über den regulären Ermittlungsrichter, sondern über den diensthabenden Journaldienst-Richter außerhalb der regulären Dienstzeiten.

Dann kam die schallende Ohrfeige

Im Mai 2024 stellte das Oberlandesgericht Wien schließlich fest: Die Ermittlungen hatten nie einen tragfähigen Anfangsverdacht ergeben – insbesondere nicht gegen die Beamten. Wörtlich heißt es: „Ausgehend von der Aktenlage lag somit […] kein Anfangsverdacht eines Befugnismissbrauchs durch Herrn K. bzw. eines Beitrags hinzu durch Herrn S. oder aber eines Vermögensschadens des Bundes vor.“

Auch der zentrale Vorwurf – die Umfragen seien nicht notwendig gewesen – hielt der rechtlichen Prüfung nicht stand: „Die Annahme, es habe ‚für die Durchführung der Umfragen keine […] Notwendigkeit‘ gegeben, erweist sich […] als bloße Vermutung.“

Eine schallende Ohrfeige für die WKStA. Doch anstatt das Verfahren damit zu beenden, führte sie es ein weiteres Jahr lang weiter.

Selbst nach krachenden Niederlagen der ermittelnden Behörden unternahm sie jahrelang nichts: Ex-Justizministerin Alma Zadic.APA/EVA MANHART

Die WKStA glänzt durch Untätigkeit

Was geschah seither? Nichts. Ermittlungstätigkeit? Keine. Neue Beweise? Fehlanzeige. Das einzige Ergebnis: Vernichtete Reputation der Betroffenen, hohe Anwaltskosten, vergeudete Zeit – verbranntes Steuergeld.

Brisant: Noch Ende Februar 2025, neun Monate nach der klaren Rüge und vernichtenden Kritik durch das OLG Wien, erteilte die Oberstaatsanwaltschaft Wien der WKStA die Weisung, das Verfahren fortzuführen – und sogar gegen Einstellungen zu berufen.

Der skurrile Showdown

Doch dann wurde das Verfahren gegen zwei der Beschuldigten tatsächlich eingestellt – allerdings nicht durch die WKStA selbst, sondern auf Antrag der Beschuldigten selbst durch das Landesgericht für Strafsachen Wien. Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang. Daraufhin wollten auch die übrigen Beschuldigten nicht länger warten und beantragten ebenfalls die Einstellung – um das Verfahren endlich gerichtlich beenden zu lassen.

Nun wurde die WKStA erstmals wieder aktiv: Offenbar, um eine weitere Blamage vor Gericht zu vermeiden, stellte sie das Verfahren am 3. April 2025 selbst ein. Die Betroffenen erfuhren davon – wohlgemerkt – durch eine Presseerklärung.

Justizministerin Sporrer (Bild) ist am Zug. Die ehemalige Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofs verfügt über deutlich mehr Erfahrung und Qualifikationen als ihre Vorgängerin. Wird sie handeln?APA/HELMUT FOHRINGER

Der Ruf nach Justiz-Reformen wird laut

Wird SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer, Nachfolgerin von Alma Zadić, nun handeln?

Dieser Fall schreit nach Aufarbeitung und großen Justizreformen. Immerhin wurden hier Steuergeld, Zeit und Ressourcen verschwendet – zurück bleibt nichts außer beschädigte Reputationen. Brisant ist auch die Rolle der nun regierenden SPÖ, die dieses Verfahren ursprünglich angestoßen hat – und jetzt das Justizministerium selbst leitet.

Übrigens: Die Republik wird den zu Unrecht Verdächtigten die Anwaltskosten ersetzen müssen. Auch das zahlt der Steuerzahler – in einem Verfahren, in dem es ausgerechnet um angeblich verschleuderte Steuergelder ging.

Fakt ist: Eine Staatsanwaltschaft hat nach einer SPÖ-Anzeige ohne Anfangsverdacht Hausdurchsuchungen durchgeführt, dann jahrelang weiterermittelt, obwohl ein Gericht längst klargestellt hatte: Da war nichts. Kann es so weitergehen?