ÖVP und Grüne liefern sich mit einem Briefkampf an den belgischen Ratsvorsitz im Zuge des umstrittenen EU-Renaturierungsgesetzes auf offener Bühne ein peinliches Schauspiel: Bundeskanzler Karl Nehammer und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) erklärten in einem Brief, dass Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) nicht bevollmächtigt sei, Österreichs Stimmverhalten – bisher eine Enthaltung – zu ändern. Nun gibt es auch einen Brief der Grünen. Vizekanzler Werner Kogler und Umweltministerin Gewessler tragen somit ebenfalls den innerpolitischen Streit nach Brüssel.

Österreichs innerpolitische Streitigkeiten auf offener Bühne ausgetragen

Kogler und Gewessler bedauern, dass der belgische Premierminister de Croo und Minister Maron durch einen Brief von Kanzler Nehammer und Ministerin Edtstadler in österreichische innenpolitische Streitigkeiten verwickelt werden. Die im Brief des Kanzlers erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend und spiegeln nicht die österreichische Rechtslage wider.

Es sei zudem nicht erforderlich, dass in der österreichischen Regierung Konsens über das Stimmverhalten eines Ministers bestehe. In Österreich habe der Bundeskanzler kein Weisungsrecht, anders als in Deutschland, wo eine Richtlinienkompetenz bestehe. Darüber hinaus hätte ein solches Weisungsrecht, selbst wenn es existierte, nur Rechtswirkungen innerhalb der internen Organisation des Mitgliedstaats, würde aber das Recht des Ministers, Österreich im Rat zu vertreten, nicht berühren, so die grünen Minister.

Nichtigkeitsklage "fix"

Zuvor kündigte Nehammer eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof an. Diese sei nach Gewesslers Alleingang nun “fix”, wie eine Sprecherin des Kanzlers am Montag bekannt gab, berichtet die “Kronen Zeitung”. “Das Votum von Bundesministerin Gewessler entspricht nicht dem innerstaatlichen Willen und konnte daher nicht verfassungskonform abgegeben werden“, erklärte sie. Formal einbringen wird die Klage laut Kanzleramt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).