Mit den Stimmen von AfD und FDP hat CDU-Chef Friedrich Merz seinen Fünf-Punkte-Plan zur Zuwanderung durch den Bundestag gebracht. Darin wird die deutsche Bundesregierung zu umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen aufgefordert. Auch Menschen, die einen Asylantrag stellen wollen, sollen nicht mehr einreisen dürfen.

Der Vorstoß ist eine Steilvorlage für Blau-Schwarz

Bei näherer Betrachtung wirken die Merz-Vorschläge wie eine Steilvorlage für eine künftige blau-schwarze Koalition in Wien, auch wenn sie in Deutschland derzeit nicht rechtsverbindlich sind. Blau-Schwarz wird bei der Umsetzung einer strikten Asyl- und Migrationspolitik nicht am Merz-Plan vorbeikommen: „FPÖ und ÖVP werden politisch nicht hinter den CDU/CSU-Chef zurückfallen können und wollen“, schreibt der ehemalige Presse”-Chefredakteur Andreas Unterberger in seinem Blog „das-tagebuch.at“. „Dies umso weniger, als Österreich im Verhältnis zur Einwohnerzahl eine noch viel schlimmere Migrantenbelastung hat.“

Friedrich Merz wirbt im Bundestag für seinen Fünf-Punkte-Plan.APA/AFP/John MACDOUGALL

Kickl ist voll des Lobes für Merz

Die Koalitionsverhandler haben die Forderungen des deutschen Unionschefs natürlich bereits gelesen. Kickl ist voll des Lobes: „Erfreulich, dass jetzt auch die deutsche CDU zentrale FPÖ-Forderungen übernommen hat, wo wir gerade mit ihrer Schwesterpartei ÖVP Regierungsverhandlungen auch zu diesem Thema führen.“

Doch der Antrag von Friedrich Merz ist höchstbrisant. Er sagt nämlich der europäischen Rechtssprechung den Kampf an.

Alle Asylwerber an der Grenze abweisen

Ausnahmslos alle Migranten ohne Papiere sollen an der Grenze zurückgewiesen werden. Daran soll künftig auch das Zauberwort „Asyl“ nichts mehr ändern. Die Begründung ist nicht neu: Wer nach Deutschland – und auch nach Österreich – eingereist ist, hat bereits sichere Drittstaaten durchquert. Bislang dauerte es meist Jahre, bis Migranten in sichere Drittstaaten abgeschoben wurden, wenn sie nicht schon vorher untergetaucht waren.

Stopp für Familiennachzug

Auch der Familiennachzug für „subsidiär Schutzberechtigte“ soll beendet werden. Über ihn kamen im vergangenen Jahr besonders viele junge Migranten nach Österreich und sorgten vor allem in Wien für überfüllte Klassen und überforderte Lehrer.

Haft für ausreisepflichtige Migranten

Überdies dürfen „Personen, die vollziehbar ausreisepflicht sind,“ künftig „nicht mehr auf freien Fuß sein. Sie müssen unmittelbar in Haft genommen werden.“ Das Untertauchen vor der Abschiebung ist dann nicht mehr möglich.

Ausreisearrest für straffällige Migranten

Schließlich sollen straffällig gewordene Migranten in einen unbefristeten Ausreisegewahrsam genommen werden.

Merz (M.) geht an Tino Chrupalla (vorne rechts), dem Co-Vorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD), vorbei. Die AfD stimmte für den Vorschlag von Merz.APA/AFP/John MACDOUGALL

Ein Konflikt mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bahn sich an

Eine wesentliche Verantwortung für den bislang ungebremsten Zustrom illegaler Migranten trägt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der die Rechtsprechung in Migrationsfragen maßgeblich geprägt hat. Den Regierungen sind seither in vielen Fragen die Hände gebunden, obwohl ihre Bürger schon lange einen Asylstopp fordern.

Der Europarechtler Walter Obwexer erklärt deshalb in der „ZiB2“, dass er die Asylpläne von Friedrich Merz für unrealistisch hält. So seien Grenzkontrollen zu den Nachbarstaaten „maximal sechs Monate erlaubt und können für maximal weitere sechs Monate bis zu zwei Jahren verlängert werden. Und dafür braucht es jeweils einen anderen neuen Grund.“

ORF/ZiB2/Screenshot

Auch die Zurückweisung von Asylwerbern verstoße gegen geltendes europäisches Recht. Nur „unter ganz bestimmten Voraussetzungen“ dürften ausreisepflichtige Migranten inhaftiert werden, zum Beispiel wenn Fluchtgefahr bestehe oder der Drittstaatsangehörige versuche, die Rückführung zu vereiteln. Zudem seien Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien nicht möglich, es sei denn, es gebe in Syrien oder Afghanistan Zonen, „in denen die Sicherheit dieser Menschen gewährleistet ist“. Das geltende Unionsrecht lasse dies derzeit aber nicht zu, da das gesamte Staatsgebiet sicher sein müsse.

Auch die unbefristete Abschiebehaft für ausländische Straftäter sei derzeit nicht möglich und verstoße gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit, so Obwexer. Sollten Staaten diese Maßnahmen ergreifen, drohe Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren der EU.

ORF/ZiB2/Screenshot

Neue Interpretation des Völkerrechts wäre bindend für Höchstrichter

An Änderungen auf völkerrechtlicher Ebene führt daher kein Weg vorbei. Laut Andreas Unterberger würde sich Friedrich Merz „auf rechtlich viel sichererem Terrain bewegen, würde er auch auf völkerrechtlicher Ebene mittels einer ‚authentischen Interpretation‘ (welche auch die Höchstrichter binden würde!) eine Änderung der migrationsrechtlichen Bedingungen erreichen.“ Gemeinsam mit Deutschland könnte Österreich jedenfalls mehr erreichen.

In Österreich müssen FPÖ und ÖVP zunächst mit Widerstand durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) rechnen. Sie könnten aber schon vor einer Entscheidung des VfGH mit Abschiebungen und Einreiseverboten beginnen…

Kickl kündigte auf Facebook auf jeden Fall an: „Mit uns wird illegale Migration bekämpft und gestoppt statt nur verwaltet“. Sachleistungen statt Bargeld, Rückführungen statt Neuanträge und Sicherheit statt importierter Kriminalität lautet seine Devise. Diese drei zentralen Forderungen sieht er in Deutschland mit dem jüngsten Beschluss des Deutschen Bundestages bestätigt.