Fast könnte man meinen, Österreich habe eine Dreier-Delegation zum EU-Gipfel entsandt: Christian Stocker (ÖVP), Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Andreas Babler (SPÖ) waren zeitgleich in Brüssel. Doch von einer perfekt abgestimmten diplomatischen Mission dürfte nicht die Rede sein– jeder hatte sein eigenes Programm.

Stocker saß am Tisch der EU-Regierungschefs, Meinl-Reisinger traf Spitzen der EU-Kommission, und Babler kam zum Treffen der europäischen Sozialdemokraten. Von einer gemeinsamen Strategie oder Absprache war nichts zu erfahren, allerdings waren sich alle drei einig in der Unterstützung für die Ukraine.

Stocker beim Gipfel: Österreich bleibt „neutral“, aber sicher nicht wehrlos

Bundeskanzler Christian Stocker nahm erstmals als offizieller Vertreter Österreichs an einem EU-Sondergipfel teil. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen dort die größte Aufrüstung in Geschichte der EU. 800 Milliarden Euro sollen in die Verteidigungsfähigkeit der EU-Staaten fließen – und Europa unabhängiger von den USA machen.

Stocker betonte Österreichs Sonderrolle: „Wir sind Teil der Sicherheit in Europa“, aber eben als neutrales Land. Österreich wolle die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP steigern – „am Boden der Neutralität“.

Babler in Brüssel: Ein Besuch bei Freunden

SPÖ-Chef Andreas Babler war ebenfalls in der belgischen Hauptstadt – allerdings um an einer ausschließlich „fraktionellen Besprechung“ – dem Treffen der europäischen Sozialdemokraten (SPE) – teilzunehmen. „Sonst ist nichts geplant“, stellte sein Sprecher Simon Doujak gegenüber dem exxpress klar. Aber der Zeitplan sei ja „sehr eng“.

Inmitten des dichten Programms fand Babler Zeit für ein paar Worte zur Weltlage: „Wir sind gerade in einer richtig krisenhaften Situation.“ Er sprach sich für Solidarität mit der Ukraine aus, aber auch für eine „Neubewertung der transatlantischen Beziehungen“. Dann folgte wohl noch ein Seitenhieb auf Donald Trump: „Uns allen sitzt der Schock noch tief: was wir auf offener Bühne gesehen haben mit dem unglaublichen Verhalten und den Auswirkungen von Trump gegenüber Selenskyj.“

Meinl-Reisinger: Ukraine-Reise vielleicht

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger nutzte ihre erste Auslandsreise für Gespräche mit EU-Außenbeauftragter Kaja Kallas und Migrationskommissar Magnus Brunner (der bis vor kurzem noch Österreichs Finanzminister war).

Die Verteidigungspläne der EU fand sie gut – Österreichs Neutralität will aber auch sie nicht antasten. Eine Reise in die Ukraine? Dazu wollte sie nichts sagen

Eine Reise, drei Missionen – vielleicht ein wenig (?) Koordination

Fazit: Die drei heimischen Spitzenpolitiker waren gleichzeitig nach Brüssel gereist, aber jeder verfolgte seine eigene Agenda. Stocker saß bei den großen Entscheidungen mit am Tisch saß, Meinl-Reisinger pflegte Kontakte zur Kommission, Babler tauschte sich mit sozialdemokratischen Kollegen aus. Österreich war zwar zu dritt in Brüssel – aber nicht unbedingt gemeinsam.