Die Baubewilligungszahlen sind bereits stark eingebrochen, wie eine Analyse der Agenda Austria zeigt. Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen ist das keine Überraschung. Doch die jüngsten Diskussionen in der Regierung rund um eine Mietpreisbremse, auch für Neubauten, dürften die Lage weiter verschlimmern, warnt die Wiener Denkfabrik.

Die Baubranche steckt in einer Krise. Das zeigt auch die Anzahl an Baubewilligungen.Agenda Austria/Grafik

Agenda Austria: Regulierung freier Mieten ist brandgefährlich

Agenda Austria-Ökonom Jan Kluge schlägt Alarm: „Dass zuletzt sogar über die Regulierung der freien Mieten spekuliert wurde, ist brandgefährlich.“ Unabhängig davon, wie eine solche Mietpreisbremse am Ende ausgestaltet würde, hätte sie verheerende Folgen. Investoren würden abgeschreckt, weil sich die Zeitspanne, in der sich Investitionen durch Mieteinnahmen amortisieren, weiter „verlängern oder gar vollends unkalkulierbar“ würde.

Schon allein die Diskussion darüber schrecke potenzielle Investoren ab, warnt Kluge.

Vor allem bei den öffentlichen und gemeinnützigen Bauträgern ist die Lust am Neubau in Österreich seit Jahren gering.GETTYIMAGES/Peter Zelei Images

Ohne private Investoren wird die Lage dramatisch

Gerade das freie Segment hat den widrigen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre getrotzt. Dagegen haben vor allem öffentliche und gemeinnützige Bauträger ihre Bautätigkeit massiv zurückgefahren. Falls nun auch private Investoren vergrault werden, sei das für sie kein Problem, sehr wohl aber für alle wohnungssuchenden Menschen bei uns, betont die Agenda Austria. „Sie finden anderswo auf der Welt einen Bauplatz. Probleme haben nur jene, die in Österreich eine Wohnung suchen.“

Hannes Androsch: Wohnbau als Ausweg aus der Krise

Wie dringend eine Belebung des Wohnmarktes wäre, betonte bereits Ex-SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch. In einem Interview im November mit den Wirtschafts-Nachrichten unterstrich er: „Die Wirtschaftskrise ließe sich am leichtesten durch die Überwindung des Stillstands beim Wohnbau beseitigen.“

Androsch kritisierte einen „wirren Vorschriftendschungel, der stranguliert, und eine überbordende Bürokratie, die teuer ist und wächst.“ Zudem herrsche „Querulantenfreiheit“: Jeder könne Einspruch gegen alles erheben, was Bauprojekte verzögert oder verhindert.

Der verstorbene Finanzminister und SPÖ-Urgestein Hannes Androsch (SPÖ) forderte in seinem letzten Interview vor allem Entbürokratisierung und mehr Bewegung am Wohnungsmarkt.APA/GEORG HOCHMUTH

SPÖ-Agenda setzt auf Regulierung statt Bauoffensive

Ob sich die SPÖ an die Worte ihres ehemaligen Spitzenpolitikers erinnert? Die aktuellen Pläne gehen in eine andere Richtung. Die Agenda Austria stellt fest: „Spätestens nach dem ersten Ministerrat der neuen Bundesregierung ist klar, wohin die Reise geht: Die heimliche Regentin der Dreierkoalition ist die Wahlverliererin SPÖ.“

Im Stundentakt würden neue Steuerideen präsentiert, die von der SPÖ durchgesetzte Verschärfung der Mietpreisbremse ist bereits beschlossen.

Die Bereitschaft, in Neubauten zu investieren, droht weiter zu sinken.GETTYIMAGES/goce Bild

Mietpreisbremse: 140 Millionen weniger für Vermieter

Durch die Mietpreisbremse verlieren Vermieter im regulierten Bereich rund 140 Millionen Euro pro Jahr. Das erschwert es zusätzlich, notwendige Renovierungen zu finanzieren. Nun steht angesichts der jüngsten Debatten auch der unregulierte Bereich unter Beschuss, was die Lage noch mehr verschärft.

Historisch betrachtet hatten Mietpreisbremsen umso gravierendere Auswirkungen, je länger sie beibehalten wurden.

Vor allem die Peripherie leidet unter der Krise des Wohnbaus, das Stadtzentrum (Bild) weniger.GETTYIMAGES/Guven Ozdemir

Mehr Angebot statt staatlicher Kontrolle

Eine ökonomische Binsenweisheit lautet: Wer Preise senken will, muss das Angebot erhöhen. Das steigert zugleich den Wohlstand. Doch sozialistische und interventionsfreudige Regierungen setzen lieber auf Preiskontrollen, um die Preise künstlich niedrig zu halten. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Knappheit. Angebote verschwinden, wenn Hersteller, Verkäufer und eben  Vermieter damit keinen Gewinn machen oder sogar Verluste erleiden.

Der Wohnmarkt in Wien braucht neuen Schwung.GETTYIMAGES/Jorg Greuel

Was passiert, wenn Wohnraum unrentabel wird?

Preiskontrollen haben sich in vielen Bereichen als schädlich erwiesen. Wenn ein Bäcker gezwungen wird, sein Brot unter dem Herstellungspreis zu verkaufen, backt er es nicht mehr. Bei Immobilien geschieht das weniger schnell, weil sie nicht einfach verschwinden können. Doch mit der Zeit werden die Folgen unübersehbar.

Wo Mietsteigerungen unterbunden werden, investieren Wohnungseigentümer weniger in Instandhaltung und Verbesserungen. Das verschlechtert die Wohnqualität und führt zu Konflikten zwischen Vermietern und Mietern. Während die einen mit minimalen Erträgen oder gar Verlusten kämpfen, beklagen die anderen den Verfall ihrer Wohnungen.

Leerstand und Wohnverfall

Manche Eigentümer ziehen die Konsequenz und lassen ihre Wohnungen lieber leer stehen, als sie zu vermieten. Das geschieht bereits. Wenn Besitzer zudem keine Mittel mehr für Heizung und andere Dienstleistungen haben, sind die Mieter gezwungen auszuziehen. So verkommen ganze Wohngebiete zu Slums – ein Phänomen, das man in der Vergangenheit beispielsweise in New Yorker Wohnblocks beobachten konnte.