Empörung in Kiew: Polens Präsident bezweifelt Rückkehr der Krim zur Ukraine
Hoppala! Das sind ungewöhnliche Töne aus Polen. Entsprechend groß ist die Überraschung. Präsident Andrzej Duda zieht erstmals eine Zukunft der Krim in der Ukraine in Zweifel. Immerhin habe sich die Halbinsel längere Zeit unter russischer Kontrolle befunden, erklärte er. Scharfe Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.
Erstmals seit Russlands Invasion in der Ukraine ist ein hochrangiger polnischer Beamter von der offiziellen Linie Polens abgewichen. Entsprechend groß ist die Überraschung. Bisher hatte Warschau alle Ansprüche der Ukraine vollumfänglich unterstützt, darunter auch jene auf die Wiedereingliederung der Krim. Nun vertrat Polens Präsident Andrzej Duda erstmals eine andere Sicht der Dinge – und löste umgehend einen Sturm der Entrüstung aus. Was sich aber zeigte: Möglicherweise ist Polen in manchen Ukraine-Fragen flexibler, als bisher angenommen.
Präsident bringt historische Argumente für Verbleib bei Russland
Die Krim ist die größte Halbinsel des Schwarzen Meeres. Historisch gesehen habe sie aber mehr Zeit unter russischer als unter ukrainischer Herrschaft verbracht, bemerkte Präsident Duda in einem Interview für den Online-Kanal Kanał Zero. Deshalb bezweifle er, dass die von Russland annektierte Krim jemals zur Ukraine „zurückkehren“ wird.
Duda glaubt sehr wohl, dass Kiew die östlichen Regionen Donezk und Luhansk behalten wird. „Die Krim ist aber ein besonderer Ort, vor allem aus historischen Gründen. Denn wenn wir die Geschichte betrachten, war sie längere Zeit unter russischer Kontrolle“.
Die Krim hat im Laufe ihrer Geschichte mehrmals den Besitzer gewechselt. Im Jahr 1783 wurde sie von Russland annektiert, später, im Jahr 1954, zur Zeit der Sowjetunion, stellte sie Ministerpräsident Nikita Chruschtschow wieder unter ukrainische Kontrolle, bis sie 2014 von Russland besetzt und wenig später annektiert wurde.
Wachsende Spannungen zwischen Duda und Selenskyj
Die Beziehung zwischen Duda und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat sich im vergangenen Jahr merklich abgekühlt. Dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen hat sich Kiew geweigert, die volle Schuld für das Massaker an polnischen Zivilisten in Wolhynien während des Zweiten Weltkriegs zu übernehmen. Andererseits gerieten die ukrainischen Beamten in Rage über Polens Getreideembargo gegen die Ukraine. Sie begannen umgehend mit Lobbyarbeit in Brüssel, was wiederum die damalige PiS-Regierung verärgerte – der eXXpress berichtete.
Dudas Bemerkungen lösten umgehend eine harsche Antwort des ukrainischen Botschafters in Polen Wassyl Swarytsch aus. Auf X schrieb er: „Die Krim ist die Ukraine: Das ist sie und wird sie bleiben. Russlands vorübergehende Besetzung der Krim ist ein Kriegsverbrechen, für das es bestraft werden wird“. Überdies erinnerte er den polnischen Präsidenten daran, dass die „Rücknahme der Besetzung der Krim unsere gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung mit der freien Welt“ sei.
Scharfe Kritik von Politikern der jetzigen polnischen Regierung
Noch schärfer reagierten polnische Politiker, die der jetzigen Regierung von Donald Tusk verbunden sind. Der Abgeordnete Roman Giertych bezeichnete Dudas Äußerungen als „unglaublich dumm“, da es „Städte in Polen gibt, die in ihrer Geschichte kürzer zu uns gehörten als zu einem anderen Land“. Paweł Kowal, der in der jetzigen Regierung für den Wiederaufbau der Ukraine zuständig ist, erklärte: „Die Krim war eigentlich genauso lange russisch wie die Stadt Białystok. Geschichten über die russische Krim sind Unsinn und zeigen, dass einige Leute die Geschichte nicht kennen“.
Duda ruderte teilweise zurück und bekräftigte seine „starke Unterstützung“ für die Ukraine und verurteilte die russische Aggression, einschließlich der „kriminellen Besetzung der Krim“. Auf den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine hatte Duda vor zwei Jahren besonders scharf reagiert und sich besonders lautstark für die Unterstützung der Ukraine stark gemacht.
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