Das Schreiben, welches der Austria Presseagentur vorliegt, wurde vom Esten Riho Terras (EVP) initiiert. Aus Österreich haben die designierten NEOS-Abgeordneten Helmut Brandstätter und Anna Stürgkh und ÖVP-Mandatar Lukas Mandl unterzeichnet.

Der ungarische Premier Viktor Orban, dessen Land seit 1. Juli turnusmäßig den Ratsvorsitz in der EU innehat, habe “die Rolle der Ratspräsidentschaft ausgenutzt und missbraucht”. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola werden aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, Ungarn das Stimmrecht zu entziehen. Dies könnte im Rahmen des gegen das Land laufenden Artikel-7-Verfahrens erfolgen, welches wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit vor mehreren Jahren eingeleitet wurde.

Kritik an "Friedensmissionen"

Der Brief kritisiert die zahlreichen selbsternannten “Friedensmissionen” des ungarischen Premiers seit Anfang Juli, insbesondere bei Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping in Peking. Er habe dabei “seine Befugnisse absichtlich falsch” dargestellt und “bewusst den Eindruck erweckt, er handle im Namen der gesamten EU”. Darüber hinaus untergrabe Orbán aktiv gemeinsame EU-Positionen, beispielsweise bezüglich eines Waffenstillstands in der Ukraine.

In Anbetracht dieses “Machtmissbrauchs” werden die EU-Spitzen zu “entschiedenen Maßnahmen” aufgefordert. “Bloße verbale Verurteilungen” zeigten “keine Wirkung”. Ungarn ist derzeit das einzige Land, gegen das noch ein Artikel-7-Verfahren läuft. Jenes gegen Polen wurde im Juni wegen ausreichender Reformfortschritte eingestellt. Bisher kam es in diesen Verfahren noch nie so weit, dass einem EU-Land sein Stimmrecht entzogen wurde. Voraussetzung für einen Stimmrechtsentzug ist nämlich ein einstimmiger Beschluss der restlichen Mitgliedsstaaten.

APA/APA

Einheit der Europäischen Union sei gefährdet

“Bei seinen Reisen missbraucht Orban nicht nur seine Rolle, sondern gefährdet auch die Einheit der Europäischen Union. Indem er vorgibt, die gesamte EU zu vertreten, überschreitet Orbán klar seine Befugnisse. Angesichts dieser ernsten Lage reichen bloße verbale Verurteilungen nicht mehr aus. Es ist nun dringend geboten, dass wir handeln und Ungarn das Stimmrecht im Rat entziehen, um die Integrität und Handlungsfähigkeit unserer Union zu wahren”, kommentierte Brief-Unterzeichner Helmut Brandstätter, NEOS-Außenpolitiksprecher und designierter Europaabgeordneter, gegenüber der APA. Außerdem appellieren die NEOS an alle nationalen und europäischen Vertreter und Vertreterinnen, gegenüber dem ungarischen Ratsvorsitzenden geschlossen und einheitlich aufzutreten.