"Es geht um Wählerstimmen": Debatte über Erwerb der Staatsbürgerschaft in Wien
Im Wiener Rathaus wurde am Dienstag über die Erlangung der Staatsbürgerschaft diskutiert. ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch sprach sich in seiner Rede klar dagegen aus, den Zugang zur Staatsbürgerschaft zu erleichtern. Es dürfe hier nicht zu einer “Entwertung” kommen, kritisierte er.
Es gehe bei solchen Initiativen oft auch darum, “Wählerstimmen zu akquirieren”, mutmaßte der türkise Klubobmann. Davon würden vor allem linke Parteien profitieren, die sich hier darum engagieren würden. Auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) habe bereits betont, dass “bürokratische und finanzielle Hemmnisse” abgebaut werden sollten, gab er zu bedenken.
Dies sei jedoch Ironie, höhnte Wölbitsch. Denn für die bürokratischen Hemmnisse in Wien sei etwa die (zuständige Magistratsabteilung, Anm.) MA 35 verantwortlich. Menschen, die nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen, müssten mitunter Jahre warten, “bis sie überhaupt zurückgerufen werden”. Die Staatsbürgerschaft dürfe jedenfalls kein billiger und wertloser Massenartikel werden, sondern “hochwertiges Qualitätsprodukt” bleiben. Die derzeitigen Regeln für die Einbürgerung seien jedenfalls “gut durchdacht”, zeigte sich Wölbitsch überzeugt.
Staatsbürgerschaft müsse "fair" werden
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete eine “Show” der ÖVP. Denn große Teile der Volkspartei würden Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Wiederkandidatur unterstützten – also jenen Mann, der die Debatte über die Staatsbürgerschaft begonnen habe. Nepp sah einen “plumpen Bluff”. Die ÖVP werde nur mehr als Satireprojekt wahrgenommen. Die Volkspartei trete für eine automatische Vergabe der Staatsbürgerschaft ein, befand der blaue Abgeordnete. Die FPÖ sei hingegen gegen eine Erleichterung der Zuwanderung.
“Eine Entwertung der Staatsbürgerschaft, liebe ÖVP, das will hier keiner”, schwor NEOS-Mandatarin Selma Arapovic. Aber es sei durch “Absurditäten” äußerst umständlich, die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Man müsse nun eine faire und auch für die Behörden nachvollziehbare Gesetzgebung schaffen. Die ÖVP habe die Hürden immer nur erhöht, beklagte sie. Für die Demokratie sei dies ein großes Problem. Denn das Gleichheitsversprechen sei stark an die Staatsbürgerschaft gebunden. Gewisse Berufe oder Ämter könne man etwa nur ausüben, wenn man diese besitze. Mit Schikanen und “horrenden Summen” für die Einbürgerung werde die Staatsbürgerschaft nicht geschützt, sagte Arapovic.
SPÖ: "Progressives Recht ist dringend nötig"
Nikolaus Kunrath von den Grünen beklagte die “Verschärfungen” der vergangenen Jahre und rechnete vor, dass in Wien bei der nächsten Wahl in manchen Bezirken nicht einmal mehr die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner mitwählen dürften: “Das ist Tatsache.” 82 Prozent der Personen, die an der Wahl nicht teilnehmen könnten, seien zudem länger als fünf Jahre in der Stadt. Die Staatsbürgerschaft zu erlangen, werde mit “mehreren Hürden” verhindert. Die Grünen sprachen sich via Antrag dafür aus, dass die MA 35 den Ermessensspielraum beim Vollzug ausschöpfen solle – also dass der Erwerb der Staatsbürgerschaft für Antragssteller möglichst einfach und kosteneffizient ermöglicht werde.
Ein “modernes und progressives” Staatsbürgerschaftsrecht sei dringend nötig, hielt auch der SPÖ-Landtagsabgeordnete Kurt Stürzenbecher fest. Dies sei auch eine Frage der Gerechtigkeit. Vielen Menschen, die legal in Österreich leben, werde es unnötig schwer gemacht, die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Der Bundesgesetzgeber sei nun gefordert. “Wir sollten hier etwas machen, und zwar zügig.”
Stürzenbecher skizzierte in seiner Rede die Forderungen der SPÖ. Verlangt wird etwa die Anpassung der für die Erlangung notwendigen Einkommen, die Reduktion der Gebühren oder Erleichterungen für in Österreich geborene Kinder. Zu unterstellen, man sei für “schrankenlose Zuwanderung”, sei ein “Blödsinn”. Die ÖVP versuche nur, jene Stimmen zu halten, die aktuell wieder zur FPÖ wandern würden, konstatierte er.
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