Die Schuldenberge wachsen: Die Staatsverschuldung der Europäischen Union ist im dritten Quartal 2024 sowohl im Vergleich zum Vorquartal als auch zum Vorjahresquartal gestiegen. EU-weit beläuft sie sich mittlerweile auf über 14,4 Billionen Euro – Tendenz steigend. Frankreich weist mit rund 3,3 Billionen Euro die höchste absolute Staatsverschuldung innerhalb der EU auf, gefolgt von Italien mit 2,96 Billionen Euro und Deutschland mit 2,67 Billionen Euro. Österreich verzeichnete im dritten Quartal 2024 eine Verschuldung von 398,4 Milliarden Euro, was 83,2 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht.

Angesichts geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten dürfte sich dieser Trend weiter verschärfen.

Doch was bedeutet das konkret für Bürger und Unternehmen? Gegenüber 20min.ch erklärt Dr. Stefan Legge, Professor für Steuer- und Handelspolitik an der Universität St. Gallen, dass steigende Staatsschulden oft der bequemste Weg für Regierungen seien, um neue Ausgaben zu finanzieren – ohne direkt Steuern zu erhöhen oder andere Posten zu kürzen. Doch die Rechnung folge später: Entweder würden die Steuern in Zukunft erhöht oder die Geldmenge ausgeweitet – mit der Folge von Inflation und sinkender Kaufkraft.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Plan zur „Wiederaufrüstung Europas“ vorgeschlagen.GETTYIMAGES/Thierry Monasse/Kontributor

Schuldenfalle: Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen

Besonders brisant ist die Lage in den USA: Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hat sich der wirtschaftspolitische Kurs stark verändert. Strafzölle auf Importe bremsen den internationalen Handel. Zusätzlich hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich angekündigt, die EU-Stabilitätskriterien lockern zu wollen, um die nationalen Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Zudem soll ein neuer Fonds mit einem Volumen von 150 Milliarden Euro geschaffen werden, um die 27 Mitgliedstaaten bei Verteidigungsinvestitionen zu unterstützen. Insgesamt könnten dadurch Finanzmittel in Höhe von 800 Milliarden Euro mobilisiert werden, so von der Leyen.

Die Folge: Mehr Ausgaben bei sinkenden Handelsgewinnen – eine gefährliche Mischung, die langfristig den Wohlstand bedroht, erklärt Legge gegenüber 20min.ch.

Die USA haben ihre Militärhilfen für die Ukraine eingestellt.APA/AFP/SAUL LOEB

Schweizer Schuldenbremse

Während die Schulden in Europa rasant steigen, setzt die Schweiz ein Gegenmodell um: Dort liegt die Staatsverschuldung bei gerade einmal 208 Milliarden Franken – weniger als ein Zehntel der deutschen Schuldenlast. Der Grund? Eine strikte Schuldenbremse, die verhindert, dass der Staat dauerhaft über seine Verhältnisse lebt.

Könnte dieses Modell auch für Europa funktionieren? Theoretisch ja – doch in der Praxis hält sich kaum ein Land an bestehende Schuldenregeln, so Legge. Deutschland nutzt Umgehungskonstrukte wie „Sondervermögen“, und die EU hat Verteidigungsausgaben inzwischen aus der Defizitberechnung herausgenommen. Das Ergebnis: Die Verschuldung steigt weiter, während echte Sparmaßnahmen ausbleiben.